Die Umweltministerkonferenz der Länder hat sich mit Blick auf die extremen Hochwasserereignisse in Bayern und Baden-Württemberg dafür ausgesprochen, die Anstrengungen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung deutlich zu verstärken. Bund, Länder und Kommunen, aber auch die Bürgerinnen und Bürger müssen ihren Beitrag zu dieser weitreichenden Aufgabe leisten. Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder fordern den Bund auf, ohne weiteren Zeitverzug sicherzustellen, dass auch in Zukunft die Finanzierung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen auskömmlich und verlässlich gestaltet wird. Dies gelte auch für den Hochwasserschutz – unter anderem im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Zugleich dankten die Mitglieder der UMK den zahlreichen Einsatzkräften und Helferinnen und Helfern vor Ort, die tagelang im Einsatz waren und sind, um Überschwemmungen und Zerstörungen abzuwenden oder zu mindern, Häuser und Ortschaften zu evakuieren sowie Schäden zu beseitigen.
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder griffen das Thema der gemeinsamen Finanzierung von Maßnahmen zur Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe auf. Hierzu wäre eine Grundgesetzänderung notwendig. Durch eine Gemeinschaftsaufgabe würden Bund und Länder zur Kooperation und der gemeinsamen Finanzierung kommunaler Klimaaufgaben verpflichtet. Die Länder fordern die Bundesregierung auf, in diesem Zusammenhang zeitnah über die laufende Prüfung offener Rechtsfragen zu berichten. Zudem wird der Bund gebeten, diese Gemeinschaftsaufgabe auch für den Klimaschutz als langfristige Finanzierungslösung zu prüfen, um die Umsetzung von insbesondere kommunalen Klimaaufgaben zu gewährleisten. Schließlich wird der Bund gebeten, zeitnah einen Regelungsvorschlag zur Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden vorzulegen, damit das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden kann.
Hierzu erklärte Katrin Eder, rheinland-pfälzische Umweltministerin und Vorsitzende der Umweltministerkonferenz: „Klimaschutz und Klimaanpassung sind Zukunftsaufgaben, die wir parteiübergreifend bewältigen müssen. In Rheinland-Pfalz haben wir verheerende Extremwetterereignisse erlebt, wie die Flutkatastrophe im Ahrtal oder auch die großen Überschwemmungen an Pfingsten. Die Häufung dieser Ereignisse erfüllt mich mit großer Sorge. In Rheinland-Pfalz investieren wir bereits gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen intensiv in Wasserrückhaltemaßnahmen, Gewässerwiederherstellung, Renaturierungen, aber auch in moderne Simulationsprogramme. Um aber weitere große Zukunftsinvestitionen stemmen zu können, brauchen wir eine auskömmliche Finanzierung für Klimaschutz und Klimaanpassung für Bund, Länder und Kommunen. Daher haben die Länder das Thema Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz adressiert. Sie soll der gemeinsamen Finanzierung von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung dienen und vor allem die Kommunen unterstützen. Zugleich müssen wir schauen, dass wir die betroffenen Bürgerinnen und Bürgern möglichst gut unterstützen. Hier ist eine Pflichtversicherung für Elementarschäden ein guter Ansatz – Extremwetterereignisse können jede und jeden treffen, dafür müssen wir die Folgen gemeinschaftlich bewältigen.“
Bundesumweltministerin Steffi Lemke erklärte: „Bei dieser Umweltministerkonferenz sind unsere Gedanken bei den Menschen, die noch immer mit den Folgen des Starkregens zu kämpfen haben. Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Menschen, die durch das Hochwasser ihr Leben verloren haben. Mit Sorge blicke ich auch auf die angekündigten starken Regenfälle für die nächsten Tage. Den vielen Helferin-nen und Helfern, die noch immer unermüdlich im Einsatz sind, ist nicht genug zu danken.“ Die Bundesministerin betonte weiter: „Diese erneute Hochwasserkatastrophe führt uns schmerzhaft vor Augen, dass die Auswirkungen der Klimakrise auch bei uns im Land zu spüren sind, mit gravierenden Folgen für die Menschen und mit hohen ökonomischen Schäden. Konsequenter Klimaschutz ist daher ganz wesentlich, zugleich brauchen wir einen guten Hochwasserschutz, müssen Risikovorsorge treffen und Anpassungsmaßnahmen ergreifen, um uns vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. Mit dem ersten Klimaanpassungsgesetz, das am 1. Juli in Kraft tritt, haben wir die Voraussetzung dafür geschaffen. Neben der gesetzlichen Grundlage brauchen wir auch ausreichend finanzielle Mittel. Dazu gehört auch eine neue Gemeinschafts-aufgabe Klimaanpassung. Das bedeutet eine Verfassungsänderung, damit der Bund gemeinsam mit den Ländern mehr Geld in Städte und Gemeinden investieren kann.“
Die saarländische Umweltministerin Petra Berg betonte: „Das Pfingsthochwasser im Saarland sowie die aktuellen Ereignisse in Süddeutschland führen erneut vor Augen, welche verheerenden Auswirkungen der Klimawandel hat. Auch in Zukunft muss damit gerechnet werden, dass sich solche Ereignisse wiederholen. Daher müssen Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung verstärkt werden. Diese Starkregen- und Hochwasserereignisse machen deutlich, wie wichtig eine Pflichtversicherung für Elementarschäden ist. Denn die Betroffenen kommen teilweise an ihre existenziellen Grenzen. Das Saarland setzt sich daher weiterhin für die Einführung einer bundesweiten Pflichtversicherung ein. Der Bundesrat hatte aufgrund der Zunahme von Unwetterereignissen bereits 2023 einstimmig beschlossen, dass eine Elementarschaden-Pflichtversicherung bundesweit gelten muss.“
Auch Hessen hat sich für eine bundesweite Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung ausgesprochen. Ingmar Jung, der hessische Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat, sagte: „Klimaanpassung in Verbindung mit einem wirkungsvollen Hochwasserschutz sind elementar. Sie sind notwendig, um unser Leben, unseren Wohlstand und unsere Heimat zu schützen. Aber eine absolute Sicherheit vor Hochwasser und Starkregen wird es nicht geben, deshalb ist Vorsorge so wichtig. Wir brauchen jetzt eine Pflichtversicherung für Eigentümerinnen und Eigentümer. Die große Herausforderung ist, diese verfassungskonform und sozialverträglich zu gestalten.“ Für alle Betroffenen müssen die gleichen Bedingungen gelten, betonte der hessische Umweltminister: „Es ist nicht zu vermitteln, dass der Steuerzahler immer dann einspringt, wenn das Ausmaß groß und die Berichterstattung der Medien besonders intensiv ist, die Betroffenen bei medial wenig beachteten Ereignissen oft aber allein dastehen.“ Jung appellierte zudem an die Verantwortung in besonders schadensgefährdeten Gebieten: Dort gelte es, alle am Bauplanungsrecht Beteiligten noch mehr zu sensibilisieren.
Der nordrhein-westfälische Umweltminister Oliver Krischer erklärte zum Abschluss der UMK: „Die Klimakrise wird in Zukunft zu immer häufigeren Extremwetter führen. Die zahlreichen Jahrhundert-Hochwasser, die in den letzten Jahren immer häufiger auftreten, zeigen, dass die Folgen des globalen Temperaturanstiegs unsere Lebensgrundlagen und unsere Infrastruktur bedrohen und Milliarden-Schäden verursachen. Wir brauchen daher eine Klimaoffensive mit einem ambitionierten Klimaschutz und vorsorgende Klimaanpassungspolitik. Ein umfassender Hochwasserschutz, der neben Deichen und Poldern auch die Renaturierungen der Gewässer in der Fläche umfasst, sind daher dringend notwendig. Hierzu zählt auch, dass sich der Bund an einer gemeinsamen Finanzierung von Klimaanpassungsmaßnahmen als Gemeinschaftsaufgabe mit den Ländern beteiligt.“ Auch Minister Krischer ging auf das Thema Pflichtversicherung für Elementarschäden ein. „Wir brauchen aber auch private Vorsorge, durch klimaresilientes Bauen und die Einführung einer Pflichtversicherung für Elemen-tarschäden. Hier haben die Länder einen entsprechenden Regelungsvorschlag vorgelegt."
Weitere Beschlüsse der Umweltministerkonferenz in Bad Dürkheim:
Schnellere Entnahme Wolf
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder wollen das Verfahren zur schnelleren Entnahme von Wölfen rechtssicher machen. Es müssten die Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die rechtssichere Entnahme von Wölfen beschleunigen zu können. Dazu soll der Praxisleitfaden zum Schnellabschussverfahren bis August präzisiert werden. Sollte auch ein ergänzter Praxisleitfaden nicht rechtssicher angewandt werden, wird der Bund notwendige Rechtsänderungen unter Ausschöpfung des FFH-Rahmens identifizieren.
Fortführung des europäischen Grünen Deals
Die Länder fordern, dass der europäische Grüne Deal in der kommenden europäischen Legislatur- und Mandatsperiode von 2024 bis 2029 weiter umgesetzt und zu einem europäischen Grünen Deal 2.0 fortentwickelt werden muss. Hierbei sei verstärkt darauf zu achten, dass die neue Wachstumsstrategie auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit berücksichtige und Wachstumsimpulse für die europäische Wirtschaft auslöse. Zugleich müssten neue bürokratische Lasten vermieden werden. Auf diese Weise bleibe der Grüne Deal eine Chance für Klima, Umwelt und Wohlstand. Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder fordern die nächste EU-Kommission auf, die weitere Anpassung und Umsetzung des europäi-schen Grünen Deals zu einem Leitvorhaben zu erklären.
Weniger Fluglärm
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder betonen noch einmal, dass die Aufgaben der Deutschen Flugsicherung um einen effekti-ven Lärmschutz bei der Abwicklung des Flugverkehrs erweitert werden sollen. Auf diese Weise soll die Lärmbelastung durch den Flugverkehr im Umfeld von Flughäfen vermindert werden. Die Bundesregierung wird gebeten, zeitnah einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu erarbeiten und in Kraft zu setzen.
Kreislaufwirtschaft
Die Länder begrüßen die Richtlinie des EU-Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften zu Förderung der Reparatur von Waren als wichtigen Schritt zur Kreislaufwirtschaft. Das Recht auf Reparatur werde dazu beitragen, Produkte länger gebrauchsfähig zu halten und dadurch Abfälle zu vermeiden. Hierdurch würden Rohstoffe eingespart und der Energiebedarf- und CO2-Ausstoß gesenkt. Der Bund wird hier gebeten, Wege aufzuzeigen, wie das Recht auf Reparatur durch geeignete Maßnahmen gefördert werden kann.
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder weisen auf einen besorgniserregenden Anstieg faserbasierter Verbundverpackungen hin – vor allem im Bereich Lebensmittel-, Reinigungs- und Kosmetikverpackungen. Hierbei wird nicht allein auf Papier, Pappe oder Karton zurückgegriffen, sondern es kommen faserbasierte Verbundpackungen zum Einsatz, deren Recyclingfähigkeit häufig kaum bis gar nicht gegeben ist. Hier appellieren die Länder mit Nachdruck an die Hersteller, Lösungen zu finden – angefangen von fehlenden Kennzeichnungen bis hin zu mangelnden Recyclingfähigkeiten beziehungsweise fehlenden Recyclingkapazitäten. Die Länder erwarten zudem, dass bei der Einführung der von der Bundesregierung geplanten Plastikabgabe sichergestellt wird, dass ein Ausweichen auf faserbasierte Verbundverpackungen verhindert wird.
Ausblick
Die nächste Amtschef- und Umweltministerkonferenz der Länder findet vom 27. bis 29. November 2024 in Bad Neuenahr-Ahrweiler im Ahrtal statt.