Bodenfunktionsbewertung in Rheinland-Pfalz

Das Bild zeigt das Deckblatt des LGB Themenhefts "Vorsorgender Bodenschutz 1 - Bodenfunktionsbewertung für die Planungspraxis"
Deckblatt LGB Themenheft "Vorsorgender Bodenschutz 1 - Bodenfunktionsbewertung für die Planungspraxis"

Aktuell wurde mit Rundschreiben vom 08.06.2016 die Bodenfunktionsbewertung auf Grundlage der im LGB-Themenheft "Bodenfunktionsbewertung in der Planungspraxis" dokumentierten Methodik eingeführt. Nähere Informationen hierzu werden auch im Bereich Rundschreiben gegeben. 

In der nach dem Baugesetzbuch (BauGB) vorgeschriebenen Umweltprüfung bei Bauleitplanverfahren (Flächennutzungs- und Bebauungsplan) werden für die Umweltbelange die voraussichtlichen Auswirkungen einer Planung beschrieben und bewertet. Für das Schutzgut Boden ist dabei zunächst der derzeitige Boden-Ist-Zustand zu ermitteln und zu bewerten, um anschließend im Rahmen der Auswirkungsprognose bzw. der Umweltfolgenabschätzung eine Bewertung des Bodenzustands gemäß dem Planvorhaben vorzunehmen. Durch die Verzahnung von BauGB und Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) ist für die qualifizierte Abwägung im Planungsverfahren eine Beurteilung der im BBodSchG verankerten Bodenfunktionen notwendig. Danach sollen  die Funktionen des Bodens nachhaltig gesichert und wiederhergestellt werden. Im Zuge der Umweltprüfung sind für das Schutzgut Boden die natürlichen Bodenfunktionen sowie die Archivfunktionen relevant.

Das Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz (LGB) hat zusammen mit dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG) sowie dem Ingenieurbüro Schnittstelle Boden für die dazu notwendige Bodenfunktionsbewertung seit einigen Jahren systematisch Methoden und geeignete Kartenprodukte entwickelt, die für beide Bundesländer auf Basis der Bodenschätzungsdaten flächendeckend für die landwirtschaftliche Nutzfläche vorliegen.

Die Daten der Bodenschätzung eignen sich für die Herausarbeitung von Kriterien zur Lebensraumfunktion, Funktion als Bestandteil des Naturhaushalts sowie als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium. Die Aspekte der Archivböden bzw. seltenen Böden lassen sich dagegen aus diesem Datenbestand nicht automatisiert auswerten. Da mit der Bodenschätzung inhaltlich und strukturell bundesweit identische Bodendaten vorliegen, haben die geologischen Dienste von Rheinland-Pfalz und Hessen beschlossen, Auswertemethoden zu entwickeln, die direkt auf den Bodenschätzungsdaten aufsetzen, statt wie in anderen Bundesländern  in „klassischer bodenkundlicher Auswertemethodik“ zunächst eine Übersetzung der Bodenschätzung in Bodenkarten vorzunehmen und aus diesen später Auswertungen abzuleiten. Hintergrund hierzu ist, dass die Mehrzahl der geologischen Dienste von Deutschland in absehbarer Zeit nicht dazu in der Lage sein werden bzw.  sind, die hierzu benötigten großmaßstäbigen Bodenkarten im Maßstab von 1:5000 flächendeckend auszuarbeiten.

Der eingeschlagene Weg der direkten bodenfunktionsbezogenen Auswertung der Bodenschätzungsdaten ist in ein offenes und auf andere Bundesländer übertragbares Verfahren. Die Methodendokumentationen sowie weitergehende Erläuterungen und die entwickelten Werkzeuge zur Auswertung liegen offen und stehen anderen Ländern zur Verfügung.

Für bodenbezogene Fragestellungen und Betrachtungen in der Bauleitplanung kann für die Bodenfunktionsbewertung auf den kostenfrei nutzbaren Web-Kartenserver des LGB zurückgegriffen werden. Angeboten werden dabei einzelne Bodenfunktionen sowie eine Gesamtfunktionale Bodenbewertung. Für die Gesamtbewertung werden die Kriterien Standorttypisierung für die Biotopentwicklung, Ertragspotenzial, Bodenwasserspeicherungsvermögen und Nitratrückhaltevermögen zu einer gesamtfunktionalen Bewertung subsummiert und nach ihrem Funktionserfüllungsgrad in 5 Stufen - von sehr gering bis sehr hoch - für den Boden ausgewiesen.  Hierdurch konnte eine wesentliche Steigerung der Qualität von Abwägungsgrundlagen für das Schutzgut Boden in Rheinland-Pfalz erzielt werden.

Das Bild zeigt das Deckblatt des Flyers zur Veranstaltung "Bodenfunktionsbewertung in der Planungspraxis"
Deckblatt Flyer Veranstaltung "Bodenfunktionsbewertung in der Planungspraxis"

Mit Rundschreiben vom 08.06.2016 wurde die Bodenfunktionsbewertung auf Grundlage der im LGB-Themenheft "Bodenfunktionsbewertung in der Planungspraxis" dokumentierten Methodik eingeführt. Nähere Informationen hierzu werden auch im Bereich Rundschreiben gegeben. 

Zur Vorgeschichte:
Im Herbst 2012 wurde der Projektstand beider Bundesländer in der Veranstaltung  "Diskussionsforum  zur Bodenfunktionsbewertung für die Raum- und Bauleitplanung" in Mainz vorgestellt. Das Diskussionsforum Bodenfunktionsbewertung hatte das Ziel, Methodik und Kartenprodukte zur Bodenfunktionsbewertung einem  in der Planung tätigen Personenkreis beider Länder vorzustellen sowie deren Praxistauglichkeit und Konsequenzen für den Planungsalltag zu überprüfen und zu diskutieren. 

Das Land Hessen hat diese Bodenfunktionsbewertung im Jahr 2013 in den Vollzug eingeführt. In Rheinland-Pfalz erfolgte zunächst noch eine Validierung der erstellten rheinland-pfälzischen Kartenwerke im Gelände.

Nach Abschluss dieser Validierungsphase wurden die Methoden und Ergebnisse am 12. Juni 2014 in der Veranstaltung "Bodenfunktionsbewertung in der Planungspraxis in Rheinland-Pfalz" präsentiert und fachlich diskutiert. Nach Vorstellung der methodischen Grundlagen und der Kartenwerke zur Bodenfunktionsbewertung erfolgte eine praxisbezogene Anwendung bzw. Überprüfung dieser Instrumente an Planungsbeispielen. Erkenntnisse hierzu wurden in die Veranstaltungsdokumentation eingearbeitet.

Mit der Bereitstellung eines Web-Kartenservers zur flächendeckenden Anzeige der einzelnen Bodenfunktionen sowie einer aggregierten gesamtfunktionalen Bodenbewertung konnte die Qualität der Abwägungsgrundlagen für das Schutzgut Boden ganz wesentlich verbessert werden. Die für bodenbezogene Fragestellungen und Betrachtungen in der Bauleitplanung heranzuziehende Bodenfunktionsbewertung kann der Web-Kartenserver des LGB wird kostenfrei genutzt werden.

Das Bild zeigt das Deckblatt der Broschüre "Großmaßstäbige Bodeninformationen für Hessen und Rheinland-Pfalz - Auswertung von Bodenschätzungsdaten zur Ableitung von Bodenfunktionen und –eigenschaften"
Deckblatt der Broschüre "Großmaßstäbige Bodeninformationen für Hessen und Rheinland-Pfalz - Auswertung von Bodenschätzungsdaten zur Ableitung von Bodenfunktionen und –eigenschaften"

Die entwickelte Bodenfunktionale Bodenbewertung basiert auf aufbereiteten Daten der Bodenschätzung. In der  Veröffentlichung "Großmaßstäbige Bodeninformationen für Hessen und Rheinland-Pfalz - Auswertung von Bodenschätzungsdaten zur Ableitung von Bodenfunktionen und -eigenschaften" erfolgt eine zusammenfassende Darstellung der von Rheinland-Pfalz und Hessen seit einigen Jahren gemeinsam und erfolgreich betriebenen Arbeiten.

Im Rahmen des Projektes wurde arbeitsteilig u.a. eine Methodendatenbank entwickelt, die die Datenstruktur der Bodenschätzung (Automatisierte Liegenschaftskarte ALK und das digitale Feldschätzungsbuch FESCH; Auswertung der Klassenzeichen) direkt verwendet und daraus vielfältige Produkte von analogen und digitalen thematischen Kartenwerken bis hin zu Web-Kartendiensten im Internet generiert.

Die Daten der Bodenschätzung eignen sich für die Herausarbeitung von Kriterien zur Lebensraumfunktion, Funktion als Bestandteil des Naturhaushalts sowie als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium. Die Aspekte der Archivböden bzw. seltenen Böden lassen sich dagegen aus diesem Datenbestand nicht automatisiert auswerten.

Für die Gesamtbewertung werden die Kriterien Standorttypisierung für die Biotopentwicklung, Ertragspotenzial, Bodenwasserspeicherungsvermögen und Nitratrückhaltevermögen zu einer gesamtfunktionalen Bewertung subsummiert und im Anschluss ein fünfstufiger Funktionserfüllungsgrad (sehr gering bis sehr hoch) für den Boden ausgewiesen.

Die ausführliche Dokumentation der entwickelten Methoden wird für Fachleute über die Internetseite des Landesamtes für Geologie und Bergbau angeboten.

Bodenschätzungsdaten sind eine in Deutschland flächendeckend vorliegende parzellenscharfe Information zur Bewertung der landwirtschaftlich nutzbaren Böden. Die Bodenschätzung wurde ursprünglich für eine gerechte Besteuerung landwirtschaftlich genutzter Flächen erarbeitet. Sie geht auf Vorarbeiten aus Preußen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts zurück und führte schließlich 1934 zu dem Gesetz der Reichsbodenschätzung. Die Bodenschätzung war in Deutschland weitgehend vor dem 2. Weltkrieg abgeschlossen, seither werden von den Finanzverwaltungen der Länder die Nachschätzungen auf einheitlicher Basis weitergeführt.

Die Bodenschätzung wurde mit dem Gesetz zur Schätzung des landwirtschaftlichen Kulturbodens (Bodenschätzungsgesetz – BodSchätzG) vom 20. Dezember 2007 im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 grundlegend novelliert.

Mit der Bodenschätzung wird die natürliche Ertragsfähigkeit der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen für die Bewertung des landwirtschaftlichen Vermögens ermittelt. Neben der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für verschiedene Steuern (etwa 20 steuerliche Anwendungsgebiete, z.B. Grundsteuer, Einkommensteuer) dienen ihre Ergebnisse auch verschiedenen außersteuerlichen Zwecken (z.B. zur Wertermittlung bei Flurbereinigungsverfahren). Bodenschätzungsergebnisse liegen, abgesehen von Berlin, flächendeckend für die landwirtschaftliche Nutzung aller Bundesländer vor. Die insgesamt erfasste landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt etwa 17 Millionen ha. Die Durchführung der Bodenschätzung obliegt der Finanzverwaltung der Bundesländer.

Die Ergebnisse werden somit nicht nur fiskalisch genutzt  zur Wertermittlung und Besteuerung von Flächen, oder allgemein als Bemessungsgrundlage im Grundstücksverkehr, Flächentausch, Kreditwesen, etc.  sondern in der Landwirtschaft zur Beschreibung der Ertragsfähigkeit der Böden oder in der Wissenschaft zur Ableitung einer Vielzahl von bodenkundlichen Parametern (Bodenfeuchte, Verdichtungsempfindlichkeit, ...) oder zur Erstellung von Bodenkarten.