Diskussion um das Landesjagdgesetz
Was richtig und was falsch ist (Kurzfassung)
Der Entwurf des Landesjagdgesetz, der dem Landtag zur Beratung vorliegt, dient dem Schutz des Waldes in Zeiten des Klimawandels. Er soll den Baumnachwuchs und die Artenvielfalt des Waldes sichern und damit gute Bedingungen für Wald und Wild schaffen. Die Jägerschaft spielt hierbei eine wichtige Rolle. Zugleich werden Natur- und Tierschutz verbessert sowie Bürokratie abgebaut.
Da es in der Debatte um das Jagdgesetz immer wieder zu Irrtümern und Unschärfen kommt, möchten wir mit nachfolgendem Positionspapier zu einer Versachlichung der Debatte beitragen.
Falsch ist: Das Gesetz will Wald ohne Wild.
Richtig ist: Die Wälder in Rheinland-Pfalz sind nicht aufgrund des Wildes in ihrer Gesundheit gefährdet, sondern durch die Erderhitzung. Es geht darum, einen Einklang von Wild UND Wald herzustellen. Denn der Klimawandel setzt auch dem Wild etwa durch Waldbrände oder Dürre zu, weshalb der Waldschutz auch im Interesse des Wildschutzes ist.
Falsch ist: Das Gesetz fordert höhere Abschüsse von Wild.
Richtig ist: Das Gesetz fordert an keiner Stelle, Abschüsse zu erhöhen. Es geht vielmehr darum, dass der Wildverbiss die natürliche Waldentwicklung nicht beeinträchtigt. Dies gilt es durch eine effiziente, störungsarme Jagd zu erreichen, die unter Beachtung der Wildbiologie lebensraumangepasste Wildbestände erzielt.
Falsch ist: Das Gesetz dient nicht einer klimaangepassten Waldentwicklung, sondern allein kommerziellen Interessen der Sägeindustrie. Ein verbissener Baum erfüllt in gleicher Weise wie ein nicht verbissener Baum ökologische Ziele und Klimaschutzziele.
Richtig ist: Junge Bäume besitzen noch kein tiefreichendes Wurzelwerk, so dass sie gegenüber den klimawandelbedingt immer häufigeren Trockenperioden empfindlich sind und ihr Wachstum hierdurch beeinträchtigt wird. In gleicher Weise wirkt auch der Wildverbiss, der bei Überschreiten eines gewissen Ausmaßes zu einer Baumartenarmut in den nachwachsenden Wäldern führt. Eine Vielfalt an Baumarten ist jedoch im Sinne einer Risikostreuung enorm wichtig, damit die heranwachsenden Wälder sich an den Klimawandel anpassen können. Dies dient zugleich dem Klimaschutz, der Bereitstellung des nachwachsenden Rohstoffs Holz und der Ökologie des Waldes
Falsch ist: Das Gesetz sieht vor, Polizei und Förster damit zu beauftragen, so viele Rehe wie möglich zu erlegen.
Richtig ist: Das Gesetz enthält keinerlei Vorgaben dieser Art. Die Verantwortung über den Abschuss liegt zunächst bei den verantwortlichen Jägern und Grundeigentümern vor Ort. Wenn der Wildschaden wiederholt zu hoch ist und er die Entwicklung des Waldes ernsthaft bedroht, kann die Jagdbehörde einschreiten. Wie in allen anderen Rechtsbereichen auch, ist die Jagdbehörde angehalten, ihre Anordnungen nötigenfalls mit den Mitteln des Verwaltungsrechts durchzusetzen. Das ist immer das letzte Mittel – und kommt erfahrungsgemäß äußerst selten zur Anwendung.
Falsch ist: Von den Jägern wird nur Totschießen verlangt - ohne Beachtung der Wildbiologie. Das Ganze nutzt nur den privaten oder staatlichen Waldbesitzern.
Richtig ist: Das Gesetz schreibt vor, dass die Jagd so auszuüben ist, dass die Alters- und Sozialstruktur der Wildarten erhalten bleibt. Zudem ist die Jagd nachhaltig, störungsarm und unter größtmöglicher Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen auszuüben – die Beachtung der Wildbiologie ist damit vorgeschrieben.
Falsch ist: Das Rehwild soll nur deswegen ausgerottet werden, damit der Forst in vielleicht hundert Jahren mehr Laubholz vermarkten kann.
Richtig ist: Das Rehwild soll und kann nicht ausgerottet werden. Ein solcher Vorwurf geht komplett am Geist des Landesjagdgesetzes vorbei. Es geht vielmehr darum, dass die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes durch Wildeinwirkung nicht beeinträchtigt und übermäßige Wildschäden im Wald vermieden werden. Auf diese Weise wird eine Anpassung des Waldes durch artenreiche Verjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht. Ein entsprechendes Wildmanagement, zu dem auch jagdlichen Maßnahmen gehören, soll dies sicherstellen.
Falsch ist: Rotwildhegegemeinschaften werden entkernt – Rotwildhegegemeinschaften verlieren das Recht der selbstbestimmten Abschussplanung.
Richtig ist: Weiterhin können die Rotwildhegegemeinschaften (künftig: Rotwildbewirtschaftungsgemeinschaften) den Abschussplan für ihren Zuständigkeitsbereich selbstständig erstellen.
Falsch ist: Das Gesetz fordert Totalabschüsse und die Ausrottung von Dam- und Muffelwild; ihm wird durch die Abschaffung der für sie zuständigen Hegegemeinschaften die Existenzberechtigung abgesprochen.
Richtig ist: Niemand fordert Totalabschüsse oder etwa die Ausrottung von Dam- und Muffelwild. Das Gesetz sieht wie bislang weiterhin vor, dass die nicht heimischen Wildarten Dam- und Muffelwild nur innerhalb bestimmter Gebiete gehegt und außerhalb dieser Gebiete nicht geduldet werden dürfen. Es gibt hier keinerlei materielle Änderung zum gültigen Landesjagdgesetz. Ein Zusammenhang zwischen der Existenzberechtigung einer Wildart und dem Bestehen von Hegegemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts existiert nicht. Für die allermeisten Wildarten, wie für das häufig vorkommende Reh- und Schwarzwild, gibt es keine solchen Hegegemeinschaften und auch keine Forderungen, solche einzurichten.
Falsch ist: Das Gesetz verstößt mit der Regelung von Dam- und Muffelwild gegen die Berner Konvention.
Richtig ist: Die Regelung zum hier nicht heimischen Dam- und Muffelwild entspricht gerade der Berner Konvention: Denn in der Konvention verpflichten sich die Vertragsparteien, die Ansiedlung nicht heimischer Arten streng zu überwachen und zu begrenzen.
Falsch ist: Der vorliegende dritte Gesetzentwurf soll völlig überstürzt und mit unangemessenen Zeitdruck – über die Köpfe der Verbände hinweg – vom Parlament beschlossen werden.
Richtig ist: Der dem Parlament vorliegenden Gesetzentwurf vom 09.05.2025 fußt auf einem vierjährigen intensiven Beteiligungs- und Beratungsprozess der Landesregierung unter Einbindung von Verbänden, Behörden und Institutionen. Die erste Lesung des auf Basis des Anhörungsverfahrens überarbeitenden Gesetzentwurfes fand am 15.05.2025 statt. Alle weiteren, vom Landtag federführend geführten Termine (Anhörung, Auswertung etc.) erfolgen fristgerecht und im üblichen Gang eines Gesetzgebungsverfahrens.
Falsch sind Aussagen zu der noch nicht erlassenen Landesjagdverordnung wie Pächter und Jagdgenossenschaften werden zum Spielball von Behördenwillkür - KEINER WEISS, WAS KOMMT! - Die an die Forstabteilung angegliederte Oberste Jagdbehörde soll in weit über 50 Aspekten die Möglichkeit haben (§ 55 LJG-E), am Parlament vorbei alles zu bestimmen!
Richtig ist: Die Rechtsordnung macht die Vorgabe, den Umfang von Verordnungsermächtigungen darauf zu begrenzen, das Gesetz, welches die wesentlichen Dinge regeln muss, in konkreter Hinsicht auszufüllen. Das Umweltministerium hat im Übrigen angekündigt, die Verordnung in einem breiten Dialog mit den Verbänden zu entwickeln. Deswegen soll das Gesetz auch erst zum Jagdjahr 2027 in Kraft treten.
Falsch ist: Es gibt in Rheinland-Pfalz keine Trennung zwischen der Forstverwaltung und der Jagdverwaltung. Dadurch kommt es zu Interessenskollisionen.
Richtig ist: Eine entsprechende organisatorische Trennung ist auf allen Verwaltungsebenen gegeben: Die unteren Jagdbehörden haben ihren Sitz in der Kreisverwaltung und sind demnach getrennt von der Verwaltungsstruktur der Forstämter. Entsprechend sind auch die obere Jagdbehörde in der Zentralstelle der Forstverwaltung sowie die oberste Jagdbehörde im Ministerium als eigenständige Referate organisiert. Die Steuerung der staatlichen Regiejagd sowie des Forstbetriebs sind strukturell hiervon getrennt.
Falsch ist: Dem Kreisjagdbeirat werden fast alle Funktionen entzogen.
Richtig ist: Der Kreisjagdbeirat berät nach wie vor die Jagdbehörde in allen wichtigen Fragen der Jagdverwaltung. Die Jagdbehörde kann zudem zu ihrer fachlichen Meinungsbildung den Kreisjagdbeirat bei der Festsetzung eines Mindestabschussplans beratend miteinbeziehen.
Falsch ist: Die Jäger werden zum Sündenbock für den Wolf – Die Jägerschaft soll den Problemlöser spielen, aber es gibt keine reguläre Jagdzeit und nach einer Erlegung ist Aneignungsrecht ausgeschlossen.
Richtig ist: Der artenschutzrechtliche Schutzstatus des Wolfes bedingt, dass wie beim Luchs keine Jagdzeit für ihn festgesetzt wird und das Aneignungsrecht nicht der jagdausübungsberechtigten Person obliegt. Selbst wenn ein Wolf bejagt werden darf und es eine Anordnung zur Entnahme gibt, ist keine Jägerin und kein Jäger persönlich verpflichtet, einen Wolf zu erlegen.
Falsch ist: Die Jagdabgabe wird für Herdeschutzmaßnahmen und Entschädigungsleistungen für Wolfrisse verwendet.
Richtig ist: Die Jagdabgabe kann für die genannten Zwecke nicht genutzt werden, weil sie als Sonderabgabe ausschließlich „gruppennützig“ verwendet werden darf. Das heißt, sie muss den mit der Jagdabgabe belasteten Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhabern zu Gute kommen. Die Jagdabgabe wird demnach – wie öffentlich bereits erklärt – keinesfalls für Herdenschutzmaßnahmen, Wolfsmonitoring oder Rissentschädigungen verwendet werden.1
1 https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/7501-V-18.pdf
Falsch sind Aussagen zu einer drastischen Ausweitung der Wildschadenshaftung: Pächter und Jagdgenossenschaften werden durch eine erhebliche Ausweitung der Wildschadenshaftung massiv in die Pflicht genommen durch bspw. volle Wildschadenshaftung auch für seltene Baumarten und volle Wildschadenshaftung für Seitentriebverbiss.
Richtig ist: Der Gesetzentwurf sieht keine Ausweitung der Wildschadenshaftung vor, sondern normiert lediglich differenzierte Vorgaben zur Feststellung der Schadenshöhe.
Falsch ist: Das Verbot der Hundeausbildung und -prüfung an der lebenden Ente ist unsinnig.
Richtig ist: Die Ausbildung und Prüfung von Jagdgebrauchshunden an lebenden Enten wird in Rheinland-Pfalz nicht mehr durchgeführt. Die gesetzliche Aufnahme des Verbots der Hundeausbildung und -prüfung an der kurzeitig flugunfähig gemachten lebenden Ente ist aus Gründen des Tierschutzes richtig. Die Enten werden in menschlicher Obhut gehalten, kurzeitig flugunfähig gemacht und dadurch unter enormen Stress gesetzt. Ein Jagdhund ist auch ohne die Ausbildung und Prüfung an der lebenden Ente in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern wie Hessen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Schleswig-Holstein brauchbar für den praktischen Jagdbetrieb, sofern er die Brauchbarkeitsprüfung bestanden hat.
Entwurf des Landesjagdgesetzes, Stand: 09.05.2025
Die Kurzfassung des Positionspapiers als PDF finden Sie hier
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