Hinweise zur Anerkennung von Umwelt- und Naturschutzvereinigungen
Stand: 7. Oktober 2021
I. Zweck der Anerkennung
Umwelt- und Naturschutzvereinigungen engagieren sich für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Als „Anwälte der Natur“ fördern sie auch - in Verantwortung für künftige Generationen - eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Umwelt. Sie unterstützen den Staat in der Erfüllung seines verfassungsrechtlichen Schutzauftrages (Artikel 20a Grundgesetzes / Artikel 69 Verfassung für Rheinland-Pfalz).
Die Anerkennung von Umwelt- und Naturschutzvereinigungen verleiht diesen besondere Rechte, an umweltrelevanten Behördenverfahren mitzuwirken (Mitwirkungsrechte) und/ oder deren Entscheidungen verwaltungsintern und gerichtlich überprüfen zu lassen (Widerspruchs- und Klagerechte). Die Verleihung dieser Partizipations- und Klagerechte dient dem Zweck, das fachliche und örtliche Wissen von Umwelt- und Naturschutzvereinigungen für die behördliche und gerichtliche Entscheidungsfindung nutzbar zu machen, um möglichst gut informierte und ausgewogene Entscheidungen treffen zu können.
II. Rechtsgrundlagen der Anerkennung
Die Bundesrepublik Deutschland hat das UN/ECE-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den
Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) sowie die EU-Richtlinie 2003/35 über die Öffentlichkeitsbeteiligung (Öffentlichkeitsbeteiliungs-Richtlinie) umgesetzt. Die Zuerkennung der o.g. Partizipations- und Klagerechte bedarf in Deutschland einer behördlichen Anerkennungsentscheidung. Über die
Anerkennung von Umwelt- und Naturschutzvereinigungen wird nach den Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) im Wege eines Anerkennungsbescheides entschieden.
III. Rechte der anerkannten Vereinigungen
Die Rechte, die mit der Anerkennung den Vereinigungen verliehen werden, sind für Umwelt- und Naturschutzvereinigungen im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und im Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) sowie im UmwRG geregelt. Sie sind inhaltlich nicht deckungsgleich.
Umweltvereinigungen - gleich ob vom Bund oder einem Bundesland anerkannt - stehen die Umweltverbandsklagerechte nach § 2 UmwRG zu. Sie können, ohne
Verletzungen in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, bei bestimmten Behördenentscheidungen oder deren Unterlassen die Einhaltung von Rechtsvorschriften verwaltungsintern (durch Widerspruch) und / oder gerichtlich (durch Klage) überprüfen lassen. Die überprüfbaren Behördenverfahren sind in § 1 UmwRG genannt.
Naturschutzvereinigungen stehen in naturschutzrechtlichen Verfahren außer den Klagerechten nach UmwRG darüber hinaus auch naturschutzrechtliche Mitwirkungs- sowie Widerspruchs- und Klagerechte zu. Die Rechte und deren Umfang sind davon abhängig, ob die Naturschutzvereinigung vom Bund oder von einem Bundesland anerkannt worden ist. Naturschutzvereinigungen, die vom Bund anerkannt sind, haben die Rechte nach § 63 Absatz 1 und § 64 BNatSchG, solche, die vom Land Rheinland-Pfalz anerkannt sind, die Rechte nach § 63 Absatz 2 und § 64 BNatSchG sowie § 31 und § 32 LNatSchG. Anerkannten Naturschutzvereinigungen sind über bestimmte naturschutzrechtliche Verfahren zu unterrichten und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Den Vereinigungen stehen die Rechtschutzmöglichkeiten der naturschutzrechtlichen Verbandsklage offen.
IV. Zuständige Anerkennungsbehörde
Für die Anerkennung einer ausländischen Umwelt- oder Naturschutzvereinigung oder einer inländischen Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines
Bundeslandes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt (UBA) ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Naturschutzvereinigung ergeht die
Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN).
Umweltbundesamt (UBA)
Anerkennungsstelle Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz
Fachgebiet I 1.3
Postfach 1406
06813 Dessau Roßlau
E-Mail: anerkennungsstelle(at)uba.de
Für eine inländische Umwelt- oder Naturschutzvereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet von Rheinland-Pfalz hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten ausgesprochen.
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität
Referat 38: Fachübergreifendes Umweltrecht
Postfach 3160
55021 Mainz
E-Mail: Poststelle(at)mkuem.rlp.de
V. Voraussetzungen der Anerkennung
Die Anerkennung ist einer Vereinigung nach § 3 Absatz 1 UmwRG zu erteilen, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen allesamt erfüllt sind, dass die Vereinigung:
1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
Hinweis: Eine Vereinigung ist ideell, wenn ihr Zweck auf einen nicht wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist. Es kommt darauf an, dass sie die Ziele ohne
eigene materielle Interessen verfolgt, d.h. nicht kommerziell tätig ist. Notwendig ist ferner, dass die Vereinigung die Ziele des Umweltschutzes vorwiegend fördert. Das
bedeutet, dass die in der Satzung genannten Ziele der prägende Zweck oder der Hauptzweck der Vereinigung sein müssen.
2. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
Hinweis: Die Vereinigung muss bereits seit mindestens drei Jahren bestehen und die Umwelt- bzw. Naturschutzziele nachweislich gefördert haben. Das Kriterium soll erreichen, dass die anzuerkennenden Vereinigungen sachgerecht und kompetent die Umwelt- und Naturschutzbelange fördern.
3. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
Hinweis: Es soll sichergestellt werden, dass die Ziele nicht nur auf dem Papier stehen, sondern die Vereinigung die Ziele auch tatsächlich verfolgt. Die Vereinigung muss organisatorisch so aufgebaut sein, dass sie die anspruchsvollen Klage- und Mitwirkungsrechte qualitativ, quantitativ und auch zeitlich angemessen wahrnehmen kann.
4. gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt,
Hinweis: Eine Vereinigung verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Das Merkmal der Gemeinnützigkeit ist erfüllt, wenn die Vereinigung keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgt.
5. und jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
Hinweis: Die Vereinigung muss nach dem Jedermann-Prinzip binnendemokratisch organisiert sein. Sie muss Personen offen stehen, die den Satzungszweck fördern
möchten. Jedes Mitglied muss volles Stimmrecht haben, d.h. eine Differenzierung des Stimmrechts zwischen einzelnen Mitgliedern ist unzulässig. Für Dachorganisationen, d.h. Vereinigungen deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung abgesehen werden, sofern die Mehrzahl der juristischen Personen das JedermannPrinzip erfüllt.
Liegen die rechtlichen Voraussetzungen vor, besteht ein gebundener Rechtsanspruch der Umwelt- oder Naturschutzvereinigung auf Anerkennung.
VI. Inhalt des Anerkennung
Die Prüfung des Anerkennungsantrages schließt mit einer Verwaltungsentscheidung (Anerkennungsbescheid) ab. Der Anerkennungsbescheid bezeichnet dabei den
satzungsmäßigen Aufgabenbereich und gibt an, ob eine Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert. Ist letzteres der Fall wird die Vereinigung als Naturschutzvereinigung im Sinne des § 63 Absatz 1 BNatSchG anerkannt. In der Anerkennung muss ferner angegeben werden, ob die Vereinigung nach ihrer Satzung landesweit oder in welchen räumlichen Bereich sie tätig ist.
Die Anerkennung kann mit einer Auflage verbunden werden (auch nachträglich), um die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen der Anerkennung sicherzustellen.
So kann einer Vereinigung etwa auferlegt werden, dass Satzungsänderungen, Adressänderungen ihrer Geschäftsstelle oder eine Aufhebung der Befreiung von der Körperschaftssteuer unaufgefordert und unverzüglich der Anerkennungsbehörde mitzuteilen sind. Außerdem ist der Anerkennungsbescheid mit einer Entscheidung über die angefallenen Verwaltungskosten zu versehen. Entfallen die Anerkennungsvoraussetzungen später oder löst sich die Vereinigung auf ist die Anerkennung durch Bescheid aufzuheben.
VII. Hinweise zur Antragstellung
Für die Anerkennung einer Umwelt- und Naturschutzvereinigung sind folgende aktuelle Unterlagen bei der zuständigen Anerkennungsbehörde einzureichen:
1. Ein formloser Antrag ist zu stellen, der die Kontaktdaten der vertretungsberechtigten Person/-en enthält (Name, Anschrift, Telefonnummer, EMail).
2. Die aktuelle Satzung oder der Gesellschaftsvertrag der Vereinigung ist anzufügen, für welche die Anerkennung beantragt wird. Daraus muss ersichtlich
sein:
- Zeitpunkt der Gründung;
- Vereinigungszweck;
- Mitgliederkreis und Mitgliederrechte (dabei ist es auch hilfreich, die aktuelle Mitgliederzahl zu nennen);
- fachliche, organisatorische und finanzielle Ausstattung und
- Leistungsfähigkeit der Vereinigung.
Sofern die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag diesbezüglich keine oder unvollständige Angaben enthält, muss die Vereinigung andere, geeignete Unterlagen übersenden, aus denen sich die erforderlichen Informationen entnehmen lassen. Falls es sich um eine Dachorganisation handelt sind ebenfalls die Satzungen der Mitgliedsorganisationen einzureichen.
3. Ein Auszug aus dem Vereins- oder Handelsregister, sofern ein solcher nach der Art der Organisationsform besteht, ist anzufügen.
4. Ein Nachweis über die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke (i. d. R. ein aktueller Freistellungsbescheid von der Körperschaft- und Gewerbesteuer) ist
beizubringen.
5. Aussagekräftige Unterlagen über die Tätigkeit der Vereinigung in den vergangenen drei Jahren (z. B. Jahresberichte, Mitgliederzeitschriften, Rundbriefe, Flugblätter, Presseartikel) sind zusammenzustellen und einzureichen.
6. Eine Kopie der Anerkennungsurkunde, falls die Vereinigung bereits seitens des Umweltbundesamtes nach dem UmwRG (a. F.) anerkannt worden ist.
Die von Rheinland-Pfalz anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigungen werden in der Landesliste aufgenommen und im Internet (MKUEM-Website) veröffentlicht.
Dazu werden neben dem Namen der Vereinigung auch deren Post- und E-MailAdresse veröffentlicht. Die Adressen der Vereinigung dürfen daher keine personenbezogenen Daten (z.B. Personennamen) enthalten.
Anträge auf Anerkennung durch das Land Rheinland-Pfalz sind zu senden an:
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität
Referat 38: Fachübergreifendes Umweltrecht
Postfach 3160
55021 Mainz
E-Mail: Poststelle(at)mkuem.rlp.de
VIII. Zeitpunkt der Antragstellung
Der Antrag auf Anerkennung sollte frühzeitig und nicht erst kurz vor oder während eines streitigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens gestellt werden. Partizipationsund Klagerechte bestehen grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt der Anerkennung; nur ausnahmsweise und unter bestimmten Voraussetzungen bereits während eines noch
laufenden Anerkennungsverfahrens (vgl. § 2 Abs. 2 UmwRG, OVG RhPf, Urt. 4.8.2021 – 8 C 10217/21). Die Antragstellung gewährt (bzw. sichert) noch nicht die besonderen Partizipations- und Klagerecht von Umwelt- und Naturschutzvereinigungen, selbst wenn die Anerkennung später erteilt wird.