Nanotechnologie

Die Verwendung von Nanostrukturen und Nanopartikeln zur Optimierung vorhandener und Schaffung neuer innovativer Produkte ist schon keine Zukunftstechnik mehr. Die Nanotechnologie mit ihren vielfältigen Möglichkeiten ist weltweit bereits in nahezu allen Branchen etabliert. Dabei stellt sich immer drängender die Frage, ob angesichts der unbestreitbaren Chancen und Vorteilen dieser Technologie auch ihr mögliches Risikopotential für Mensch und Umwelt produktbezogen und über die gesamte Produktlebenszeit hinweg ausreichend bestimmt wurde.

Die Nano-Technologie erhielt ihre Bezeichnung daraus, dass hier bei industriellen Prozessen, Verfahren und Produkten extrem kleine Partikel oder Materialien zur Anwendung kommen (griech.: nanos = Zwerg). Diese Teilchen oder Materialien haben definitionsgemäß eine Größe von maximal 100 nm (Nanometer) und sind deshalb mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Zum Vergleich: 1 nm hat die Länge von ca. 4 Atomen in einer Reihe, 1nm  ist 1-Millionstel Millimeter oder 1-Milliardstel  Meter. Ein menschliches Haar ist ca. 1000-fach dicker (also ca. 70.000 bis 100.000 nm) oder 1 Nanometer ist im Vergleich zu einem Meter so groß wie ein Fußball ist im Vergleich mit der Erdkugel.

Damit man auf der Nano-Ebene die Strukturen erkennen und ggf. verändern kann, reicht ein übliches Mikroskop nicht aus. Es musste erst das Raster-Elektronen-Mikroskop erfunden werden, damit die Strukturen auf atomarer Ebene erkannt, erforscht und letztlich teilweise für bessere Materialeigenschaften verändert werden konnten.

In der Luft verhalten sich Nanomaterialien / Partikel wie Gase. Durch ihre sehr große Oberfläche sind sie chemisch sehr viel reaktionsfreudiger als das Ausgangsmaterial und das bei extrem geringer Materialmenge. Auch verändern i.d.R. Materialien in der Nanoform gegenüber dem makroskopischen Ursprungsmaterial ihre chemischen, physikalischen und gelegentlich auch ihre toxischen Eigenschaften. So ist das inerte und ungiftige Gold in Nanopartikelgröße von der Farbe her „rot“ und bei einer Größe von ca. 2 nm hochtoxisch. Ohne den Zusammenhang zu kennen, verwendeten Glashersteller schon im frühen Mittelalter feinst zerriebenes Gold als Zugabe zur Glasschmelze, um rote Scheiben für Kirchenfenster herzustellen. Dieses extrem fein zerriebene Goldpulver enthielt dann unsichtbar einen Anteil Nanopartikel, der für die gewünschte Farbbildung ausreichte. Heute werden Nanopartikel oder Nanomaterialien allerdings nicht im Mörser, sondern durch spezielle industrielle Verfahren hergestellt und im Handel für die industrielle Verwendung angeboten.
Ein Beispiel sind Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNT), die z.B. in Handys / Smartphones zur Herstellung  elektrischer / elektronischer Verbindungen auf den Platinen genutzt werden. Das in den letzten Jahren häufig z.B. in Kleidung oder Farben eingesetzte Nanosilber ist ebenfalls unsichtbar, hat aber, eine sehr viel größere Reaktionsfläche als makroskopisches Silber.

Bei der Ausstattung von Kleidung und Stoffen mir Nanosilber wird die antibakterielle und antifungizide (Pilze) Wirkung von Silber genutzt, um z.B. Gerüche aus bakterieller Zersetzung von Schweiß oder seitens Fußpilzbesiedlung der Füße zu unterbinden.
Allerdings muss gesehen werden, dass diese Ausrüstung der Stoffe nicht dauerhaft ist, sondern mit wenigen Wäschen ausgewaschen wird. Daraus ergibt sich eine Belastung der Umwelt mit weiterhin reaktionsfähigem Nanosilber, die als nicht wünschenswert angesehen werden muss.

Aus diesem Beispiel kann entnommen werden, dass unter Umweltgesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf den Verbraucherschutz, unterschieden werden muss, ob Nanomaterialien im verbrauchernahem Endprodukt fest und dauerhaft in eine Matrix eingebunden sind oder ob sie sich aus einer Matrix wieder in Nanogröße herauslösen können.

Können sich die Nanomaterialien im Laufe der Produktlebenszeit und bei Verwitterungs- und Recyclingprozessen nicht mehr in Nanogröße aus dem Produkt / der Matrix herauslösen, ist die Gefahr für ungünstige Umwelteinwirkungen oder für gesundheitliche Problemstellungen gering. Dagegen müssen intensivere Risikobetrachtungen derzeit für jedes Nanomaterial erfolgen, das nicht fest und dauerhaft in eine Matrix eingebunden ist.

Zur Zeit ist noch kein sog. „grouping „ bei Nanopartikeln / Nanomaterialien im Rahmen der Risikobeurteilung für Mensch und Umwelt möglich, d.h. jeder Nanopartikel und jedes Nanomaterial muss den gesamten Risikoprüfungs-Prozess (Kosten 2013 ca. 300.00 Euro) durchlaufen. Schon eine unterschiedliche Beladung der Oberfläche von an sich gleichen Nanopartikeln /Nanomaterialien kann eine völlig andere Risikobewertung nach sich ziehen.

Somit ist angesichts der vielen unterschiedlichen im Handel befindlichen industriell verwendeten  Nanomaterialien, beispielsweise Farbpigmente, die intensive Suche von Industrie und internationaler Forschung nach einem geeigneten System oder nach Systemen der sicheren Risikozuordnung bei neuartigen Nanomaterialien auch ohne Durchlaufen der derzeitigen Testkaskade schon aus Zeit-und Kostengründen sehr verständlich. Mit einem Ergebnis der Bemühungen ist vermutlich erst in einigen Jahren zu rechnen.

Unabhängig davon hat die EU inzwischen z.B. Regelungen für die Verwendung von Nanomaterialien in Kosmetikprodukten (Kosmetik-Verordnung: (EG) Nr. 1223/2009) und  in Bioziden  (Biozidverordnung (EG) Nr. 528/2012) erlassen und auch, nach umfangreichen Konsultationen mit den Interessengruppen, eine Empfehlung für die Definition dessen, was als Nanomaterial in der EU angesehen werden sollte, veröffentlicht (2011/696/EU).

Veranstaltung "Nanotechnologie - immer und überall?"

Um das Thema "Nanotechnologie" von allen Seiten öffentlich zu beleuchten und ggf. Maßnahmen zur sicheren Verwendung von Nanomaterialien zu skizzieren, hat das Umweltministerium im Jahre 2012 eine öffentliche Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Umweltamt der Stadt Mainz organisiert, bei dem namhafte Referentinnen und Referenten aus Bund, Bundesoberbehörden, Ländern, Industrie und NGOs ihre Sicht darlegten und in die anschließende Diskussion einbrachten.Einhelliges Votum war, dass die Risikoforschung noch deutliche Lücken aufweist und dass diesbezüglich intensive weitere Anstrengungen von allen Seiten, so z.B. der Industrie und der Forschung, aber auch mittels unterstützender Gelder des Bundes / der EU  geleistet werden müssen.

Referent

Abstract

Vortrag / Folien

Prof. Dr. Heidi Foth
Sachverständigenrat für Umweltfragen, Berlin

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Dr. -Ing. Kathrin Schwirn
Umweltbundesamt Dessau

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Rüdiger Stegemann
Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland e.V.

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Prof. Dr. Alfred Nordmann
Philosophische Fakultät. TU
Darmstadt

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Dr. Jutta Tentschert
Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin

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Dr. Karin Wiench
BASF SE Ludwigshafen

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Jurek Vengels
Bund für Umwelt und Naturschutz, Berlin

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Dr. Frauke Schröder
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin Dortmund

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Dr. Jan Beringer
Hohensteier Institut Bönningheim

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Dr. Rolf Buschmann
Verbraucherzentrale NRW, Düsseldorf

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Dr. Andrea Haase
Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin

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Studien des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) zu Problemstellungen der Nanotechnologie

Zwei Studien des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) zu Problemstellungen der Nanotechnologie, finanziert und begleitet durch das rheinland-pfälzische Umweltministerium, sind nachfolgend ebenfalls einsehbar und können heruntergeladen werden: