Erfassung und Bewertung
Während grundsätzlich die Bearbeitung von Altastenverdachtsflächen in gestufter Form (von orientierenden bis hin zu detaillierten Untersuchungen) abläuft, sind die Altstandorte und Altablagerungen fachlich-thematisch in mehreren Gruppen zu unterscheiden.
Landesweite systematische Durchführung von orientierenden Untersuchungen bei stofflichen Altlastverdachtsflächen
Um die Altlastensanierung und das Flächenrecycling insbesondere für Kommunen und Gewerbetreibende weiterzuentwickeln, wird seit 2019 die landesweite systematische Durchführung von Orientierenden Untersuchungen ((OU) gemäß § 9 Abs. 1 BBodSchG) bei stofflichen Altlastverdachtsflächen priorisiert vorangetrieben. Hierdurch soll interessierten Kommunen und Investoren bestmögliche Planungs- und Investitionssicherheit im Hinblick auf die Wiederinwertsetzung von Altstandorten und ehemals genutzter Flächen mit einer Altlastenproblematik gegeben werden. Darüber hinaus kann mit der Entwicklung derartiger Flächen ein wertvoller Beitrag zur Reduzierung des global ausufernden Flächenverbrauchs geleistet werden.
Die Federführung des Projekts liegt bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd. Zur Betreuung und Abwicklung eines ersten Maßnahmenpaketes wurde im Herbst 2020 das Büro ARCADIS als externer Projektsteuerer beauftragt. Die notwendigen Ingenieurleistungen, Feldmaßnahmen (Bohrungen) und chemische Analysen für rund 100 orientierende Untersuchungen werden seitens ARCADIS ausgeschrieben und von den SGDen beauftragt. Die Vergabe soll losweise für regional unterschiedliche Untersuchungsgebiete erfolgen. Zur Abwicklung der Maßnahmen ist ein Projektzeitraum von ungefähr eineinhalb Jahren (2020-2022) vorgesehen.
Die Ersterfassung von Betriebsflächen, als Grundlage für die Ermittlung altlastverdächtiger gewerblicher Altstandorte, ist in allen kreisfreien Städten (Worms, Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen, Mainz, Trier, Speyer, Frankenthal, Landau, Neustadt a.d.W., Pirmasens und Zweibrücken) abgeschlossen.
Mit Hilfe von Betriebstagebüchern, historischen Stadtplänen, Branchenbüchern, Gewerbekarteien etc. wird eine große Anzahl von möglichen Betriebsflächen erfasst, die im Rahmen einer vertiefenden Erfassung auf ihre mögliche Altlastenrelevanz weiter untersucht werden müssen.
Im Rahmen des Projektes „Landesweite Erfassung von umweltrelevanten Flächen aus der zivilen Nutzung – LUZI+“ wurde eine abgestimmte Vorgehensweise entwickelt, die im Rahmen von zwei Pilotprojekten (kreisfreie Stadt Speyer und Verbandsgemeinde Simmern/Hunsrück) geprüft bzw. angewendet wurde. Aktuell laufen die Erfassungsarbeiten für die kreisfreien Städte Zweibrücken und Koblenz.
Rheinland-Pfalz ist im Vergleich mit den anderen Bundesländern durch die Freigabe von inzwischen rund 700 ehemals militärisch genutzter Liegenschaften der Alliierten Streitkräfte und der Bundeswehr besonders schwer vom damit einhergehenden Arbeitsplatz- und Kaufkraftverlust betroffen. Das Land reagierte mit der Installierung eines Konversionsprogrammes, um die wirtschaftlichen Nachteile mit einer möglichst schnellen zivilen Folgenutzung aufzufangen.
Da ohne Klärung der Frage, ob eine Liegenschaft altlastenfrei ist oder nicht, weder Kommunen noch Investoren bereit sind, Grundstücke und Objekte aus ehemaliger militärischer Nutzung zu übernehmen, war und ist es zwingend notwendig, vorab alle Liegenschaften auf ihre Altlastenrelevanz hin zu untersuchen und zu bewerten.
Mit der landesweiten systematischen Erfassung der ehemals militärisch genutzten Liegenschaften werden für die Grundstückseigentümer, Kommunen und interessierte Investoren die Grundvoraussetzungen geschaffen, die für eine zivile Folgenutzung unabdingbar sind.
Für die mit Beginn der Konversion Ende 1992 durch das ehemalige Umweltministerium eingeleitete systematische Erfassung kontaminationsverdächtiger Flächen auf allen freigewordenen militärischen Liegenschaften wurden bislang mehr als 11,7 Mio. Euro seitens des Landes aufgewendet. Hierbei wurden rund 7.400 altlastenrelevante Nutzungseinheiten erfasst. Bedingt durch die fortwährende Freigabe zusätzlicher militärischer Liegenschaften, insbesondere der Bundeswehr, ist die Erfassung ein nach wie vor andauernder Prozess. Die Nachmeldungen werden in der bewährten Konstellation der KoAGen (Konversionsaltlasten-Arbeitsgruppen) weiter systematisch bearbeitet. Bei den KoAGen handelt es sich um ein bundesweit einmaliges und erfolgreiches Konstrukt, unter Federführung der SGDen sowie unter Mitwirkung aller betroffenen Akteure (z.B. Standortgemeinde, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Fachbehörden, Investoren, Streitkräfte etc).
Obwohl sich die Freigabe neuer Liegenschaften gegenwärtig deutlich rückläufig darstellt, ist das Thema aktueller denn je. Vor dem Hintergrund des bestehenden dringenden Handlungsbedarfs im Bereich des Wohnungsbaus, liegt ein besonderer Fokus auf der Wiedernutzung von Brachflächen. Das ungeklärte Altlastenrisiko vieler dieser Flächen stellt ein massives Investitionshemmnis dar. Die rheinland-pfälzische Landesregierung stellt sich aktiv dieser Problematik und spricht sich ausdrücklich für eine Stärkung des Flächenrecyclings aus, da hierdurch das Nachhaltigkeitsziel einer deutlichen Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme maßgeblich unterstützt wird.
Als Hilfsmittel für die betroffenen Kommunen wurde 1995 der "Leitfaden Altlasten auf Konversionsliegenschaften" herausgegeben, der erste Hinweise zur Erkundung, Bewertung und Sanierung militärischer Liegenschaften vermittelt. Der Leitfaden wurde zwischenzeitlich vollkommen überarbeitet. Mit der vorliegenden Neuauflage möchten wir den betroffenen Akteuren in bewährter Tradition auch zukünftig eine kompetente Hilfestellung an die Hand geben.
Leitfaden Altlasten Konversionsliegenschaften 2020 (ca. 1,9 MB)
Die landesweite Ersterfassung der Rüstungsaltstandorte wurde 1998 durchgeführt und rund 400 Flächen detektiert.
Die vertiefende Erfassung der Standorte wurde seitens des Landesamts für Umwelt (LfU) Ende 2017 abgeschlossen.
Im Oktober 1990 konnte als erster Schritt einer systematischen Erfassung von bodenschutzrelevanten Flächen die landesweite Erfassung von Altablagerungen abgeschlossen werden.
Aufgrund der großen Zahl der erfassten Altablagerungen ist eine kurzfristige vollständige vertiefende Untersuchung der vorläufig als "altlastverdächtige Fläche" eingestuften Flächen nicht möglich. Dies geschieht vielmehr sukzessive im Rahmen der täglichen Arbeit der Bodenschutzbehörden.
Mit Hilfe des Bodenschutzkatasters erhalten die Kommunen und Vollzugsbehörden insbesondere im Rahmen der Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren wertvolle erste Hinweise auf mögliche Altlasten und können entsprechend handeln.
Über mehrere Jahrhunderte wurden großräumig in den Regionen Nordpfälzer Bergland, Hunsrück, im Gebiet der unteren Lahn und im Westerwald kupfer-, blei-, zink-, quecksilber-, arsen- und/oder cadmiumhaltige Erze abgebaut und verhüttet. Neben den natürlich vorkommenden Rohstoffen konnten ggf. damit auch durch Aufbereitungs- und Verhüttungsprozesse ausgelöste Boden- und Gewässerbelastungen entstehen.
Sehr intensive Geländeaufnahmen und Bodenbeprobungen im Nordpfälzer Bergland, die durch umfangreiche Nutzpflanzenanalysen und humantoxikologische Untersuchungen ergänzt wurden, ergaben erfreulicherweise, dass zwar im Boden erhöhte Gehalte von Quecksilber, Antimon und Arsen vorliegen können, der Transfer in Nahrungsmittel und die Aufnahme durch den Menschen wegen der vorliegenden typischen geogenen Bindungsformen aber nur gering ist.
Insgesamt wurde deutlich, dass eine Gefährdungsabschätzung auf Grundlage von nur Gesamtgehalten der Schadstoffe zu einer gravierenden Fehlbewertung führen würde. Deshalb ist für eine belastbare Bewertung zusätzlich die Ermittlung der mobilisierbaren bzw. pflanzenverfügbaren Anteile von Schadmetallen i.d.R. erforderlich.
Obwohl die Ergebnisse der Untersuchungen über die Quecksilberbelastungen des Nordpfälzer Berglandes eine konkrete Gefährdung aus den schadstoffbelasteten Gebieten weitgehend ausschließen, sollte dennoch aus Vorsorgegründen übermäßiger Verzehr von Nutzpflanzen aus den betroffenen Hausgärten sowie von Pilzen vermieden werden.