„In den 80ern gab es noch Krokodile in der Pfalz“, erinnert Katrin Eder schmunzelnd. So nennt man auf Grund ihrer charakteristischen Form die elektrische Vorkriegslokomotive E 94 088. Bis Anfang der 1980er Jahre war diese Lok im Betrieb und war anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Eisenbahn im heutigen Landesgebiet von Rheinland-Pfalz im Eisenbahnmuseum Neustadt zu bestaunen. Passend zu diesem Jubiläum konnten die Weichen für zentrale Bahn-Projekte gestellt werden. Mobilitätsministerin Katrin Eder sieht im Erhalt und Ausbau des Schienenverkehrs eine Aufgabe, die bedeutsamer denn je ist: „Wir befinden uns in der entscheidenden Phase, in der der Öffentliche Nahverkehr und der Schienenverkehr im Besonderen eine Schlüsselrolle zum Erreichen der Klimaziele einnehmen. Wir schulden es dieser Geschichte und sind der Zukunft verpflichtet, die Reaktivierung des Streckennetzes, die Sicherung der Angebote und den Ausbau zukunftsfähiger und alternativer Antriebsarten zu gewährleisten“, umriss Umweltministerin Katrin Eder in Ludwigshafen das Tätigkeitsfeld des Mobilitätsministeriums.
Bei einem Treffen am Mittwoch mit Landrätin Susanne Ganster in der Südwestpfalz hatte sich die Ministerin für den Erhalt der Strecke der Wieslauterbahn eingesetzt, die von Hinterweidenthal Ost nach Bundenthal-Rumbach führt: „Für die Verkehrswende ist es absolut notwendig, Strecken zu erhalten und sowohl für Güter als auch für Personen wieder nutzbar zu machen. Gerade auch für solche Projekte ist die Erhöhung der Regionalisierungsmittel seitens des Bundes so wichtig. Die Strecke der Wieslauterbahn ist durch Wochenendverkehre und den langen Einsatz der Menschen vor Ort noch voll intakt und nicht verbaut. Sie ist eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands und nicht nur für den Verkehr wichtig, sondern stellt auch die Weichen für mehr Klimaschutz – insbesondere dann, wenn die Strecke auch für den Güterverkehr genutzt werden kann. Dies ist eine große Chance für den ländlichen Raum.“
Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf insgesamt knapp 15 Millionen Euro. Eine Kosten-Nutzen-Untersuchung kam zu einem hervorragenden Ergebnis – vor allem, wenn der Personenverkehr mit Gütertransporten auf der Strecke kombiniert werde. Eder sagte deshalb zu, das Projekt hinsichtlich des Personenverkehrs finanziell zu fördern und sich auch zukünftig für weitere Förderungen einzusetzen.
Neben der Sicherung bestehender Angebote trieb die Klimaschutzministerin den Ausbau beim Beginn der Planung des neuen Bahnhofs Schott in Mainz voran: „Für die ganze Region ist das ein großer Tag. Heute beginnt die Planungsphase für das größte Bahnhofsneubauprojekt seit Jahrzehnten in Rheinland-Pfalz. Gerade in Zeiten des Klimawandels ist dies ein bahnbrechendes Projekt, denn die Klimaziele werden im Verkehrssektor bisher nicht erreicht und die Bahn kann eine attraktive Alternative für die Menschen sein. Denn nun entsteht ein Verknüpfungspunkt für die gesamte Region Rheinhessen-Rhein-Main, von dem die Menschen durch attraktivere Verbindungen und kürzere Reisezeiten profitieren werden. Das Projekt ist ein zentraler Meilenstein auf dem Weg zu einer attraktiven, klimaneutralen Verkehrswende in unserem Bundesland.“
Der neue Bahnhof mit fünf Bahnsteigkanten und Gesamtkosten von rund 36 Millionen Euro soll ab dem Jahr 2030 Züge aus den Richtungen Bingen-Mittelrhein, Alzey/Kirchheimbolanden, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt an einem Punkt zusammenführen. „Ich begleite dieses Projekt seit einigen Jahren und es liegt mir sehr am Herzen“, unterstrich die ehemalige Verkehrsdezernentin der Stadt Mainz und heutige Mobilitätsministerin.
Am Freitagmittag ging es bei der Jubiläumsfahrt von Ludwigshafen mit einem BEMU-Zug und damit einer alternativ betriebenen Zugmaschine nach Neustadt. Die BEMU-Züge sind innovative Akku- und Oberleitungshybridfahrzeuge, die im Rahmen der Pfalznetz-Ausschreibung mit dem Mittelpunkt „Klimaschutz“ des Zweckverbands Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZSPNV Süd), des Saarlands und Baden-Württembergs zum Einsatz kommen. „Zugfahren ist Klimaschutz. Deswegen müssen Strecken reaktiviert und Angebote gesichert werden. Wenn wir dann Strecken zusätzlich elektrifizieren, ist das bereits die Extrameile im Bereich Klimaschutz, die wir fahren“, betonte Eder die Innovationspotentiale des Projekts Pfalznetz. „Diese Fahrzeugart bewältigt Streckenabschnitte mittels Batterie ohne Oberleitung und bezieht die benötigte Energie bei vorhandener Streckenelektrifizierung aus dem Fahrdraht. Frei nach dem Motto: Laden und los!“, fasste Klimaschutzministerin Eder den komplexen Vorgang zusammen. Mit dem Einsatz dieser neuen Technologie wird bundesweit Neuland betreten. Insgesamt sollen fast 240 Kilometer des Streckennetzes in Rheinland-Pfalz von Diesel- auf Elektroantrieb umgestellt werden.
Zum Abschluss der Schienenverkehrswoche ihres Ministeriums betonte Eder: „Das 9-Euro-Ticket kann nur der Anfang gewesen sein. Wir wissen um den Kraftakt und arbeiten hart an der Verkehrswende – doch es geht nur gemeinsam. Ohne die Erhöhung der Regionalisierungsmittel durch den Bund kann die Schiene nicht Teil der Lösung sein, sondern wird Teil des Problems bleiben. Trotzdem dürfen wir bei der Verkehrswende und bei allem Klimaschutz den ländlichen Raum nicht vergessen und müssen den Bund gegebenenfalls daran erinnern. Die Mobilitätswende kann nur in der Fläche funktionieren und die Menschen mitnehmen. Wir als Land sind uns bewusst, die Schiene ist der Weg in die Zukunft.“
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175 Jahre Eisenbahn