„Mit der energetischen Optimierung der Kläranlage und der Einrichtung einer vierten Reinigungsstufe plant der Wirtschaftsbetrieb Mainz einen zukunftsträchtigen Weg: Durch die Kopplung der Sektoren Energie und Wasser unterstützt die Produktion von Wasserstoff einerseits den Klimaschutz. Andererseits kann durch ein neues Verfahren der Eintrag von Mikroschadstoffen in den Rhein reduziert werden. Dieses in Deutschland einmalige Projekt hat Vorbildcharakter und ist ein bedeutender Leuchtturm“, sagte Umwelt- und Energieministerin Ulrike Höfken anlässlich der Projektvorstellung für den Verwaltungsrat der Stadt Mainz und bedankte sich bei allen Beteiligten für ihr Engagement. „Der innovative Ansatz wird bei der Umsetzung einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, sodass ich für die wasserwirtschaftlichen Aspekte eine Landesförderung in Aussicht stelle: Diese wird die bewilligten Bundesmittel in Höhe von rund 6,6 Millionen Euro verdoppeln“, führte Höfken an.
Mikroverunreinigungen sind Schadstoffe, die in sehr geringen Konzentrationen in der Umwelt und damit auch in Gewässern gemessen werden. Sie können bereits in niedrigen Konzentrationen und in Kombination mit anderen Stoffen negative Auswirkungen auf die Umwelt und zum Teil auch auf den Menschen haben. „Grundsätzlich verfolgen wir den Ansatz, den Eintrag von Schadstoffen in Natur und Gewässer bereits an der Quelle zu vermeiden. Da jedoch viele Stoffe, wie etwa Arzneimittel oder Haushaltschemikalien, auch nach dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu einem Teil in die Umwelt gelangen, ist für große Anlagen und für bestimmte Standorte die Reduzierung von Mikroverunreinigungen durch den Bau einer vierten Reinigungsstufe sinnvoll. Dabei muss jedoch auch der Klimaschutz eine Rolle spielen – genau hier setzt das Projekt an: Auf der Kläranlage in Mainz sollen Schadstoffreduzierung und Klimaschutz künftig noch besser Hand in Hand gehen“, erläuterte die Ministerin. Mit der geplanten Elektrolyseanlage ist es möglich, Überschussstrom aus der Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage oder aus anderen regenerativen Energiequellen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Sauerstoff zu nutzen. Der klimafreundliche Wasserstoff kann als Speichermedium zum Beispiel ins Erdgasnetz oder zum Betrieb von Stadtbussen genutzt werden. Aus dem Sauerstoff soll Ozon zum Betrieb der geplanten vierten Reinigungsstufe erzeugt werden. Der dafür notwendige Filter wird auch bei der Phosphorreduzierung unterstützen. Ein wichtiger Aspekt, da Phosphor gerade in Niedrigwasserzeiten im Sommer Algenbildungen begünstigt.
Umweltdezernentin Katrin Eder ergänzte: „Das Projekt ‚arrived‘ hat die Chance, ein Leuchtturm für Mainz und Rheinland-Pfalz zu sein, das weit über die Stadtgrenzen hinaus Vorbild sein kann für die Kombination aus Energie- und Verkehrswende und der Verbesserung der Wasserqualität des Rheins. Dass die Mainzer Kläranlage zeigen kann, dass eine energieintensive vierte Reinigungsstufe klimaneutral betrieben werden kann und am Ende bereits bestellte Mainzer Brennstoffzellen-Müllfahrzeuge mit dem erzeugten Wasserstoff betrieben werden können, zeigt, wie man aktiv Klimaschutz über die unterschiedlichen Sektoren hinweg betreiben kann. Die Förderung von Bund und Land in dieser Höhe freut uns sehr und ermöglicht es uns erst, solch ein Leuchtturmprojekt umsetzen zu können."
Der geplante Bau einer vierten Reinigungsstufe für die Kläranlage Mainz soll auch einen kleinen aber langfristigen Beitrag leisten, die Verschmutzung im gesamten Rheineinzugsgebiet weiter zu verringern. „Im Februar dieses Jahres haben wir uns auf der Rheinministerkonferenz mit den anderen Anliegerstaaten das Ziel gesetzt, die Einträge von Mikroverunreinigungen in die Gewässer aus Abwasser sowie von Industrie, Gewerbe oder Landwirtschaft bis 2040 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Zeitraum von 2016 bis 2018 zu reduzieren“, erklärte Höfken abschließend.
Hintergrund
Der Wirtschaftsbetrieb der Stadt Mainz plant den Bau einer vierten Reinigungsstufe zur gezielten Reduzierung von Mikroverunreinigungen. Die Machbarkeit hat die TU Kaiserslautern durch ein Gutachten festgestellt. Das Vorhaben hat ein Finanzvolumen von etwa 33 Millionen Euro. Aufgrund des innovativen Charakters des Projektes hat der Bund eine Förderung in Höhe von 6,6 Millionen Euro aus dem Bundesinnovationsprogramm bewilligt. Von der Abteilung Wasserwirtschaft des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz ist eine Förderung im gleichen Umfang vorgesehen.
Der Betrieb einer vierten Reinigungsstufe erfordert den Einsatz zusätzlicher Energie. Um diese möglichst effizient und klimafreundlich zu erzeugen, sind innovative Ansätze erforderlich. Die Kopplung der Sektoren Energie und Wasser ist dabei von besonderer Bedeutung: Der Bau einer Elektrolyseanlage soll ermöglichen, Überschussstrom aus der Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage oder aus anderen regenerativen Energiequellen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und Sauerstoff zu nutzen. Aus dem Sauerstoff soll Ozon zum Betrieb der vierten Reinigungsstufe erzeugt werden. Der nach der Ozonierung des Abwassers erforderliche Filter wird zudem die Phosphorkonzentrationen im Ablauf der Kläranlage reduzieren.
Die Reduzierung von Schadstoffen in der Umwelt ist eine große Herausforderung. Das Umweltministerium unterstützt Maßnahmen von der Quelle über die Anwendung bis hin zu End-of-pipe Ansätzen. Um den Eintrag von Schadstoffen direkt an der Quelle zu reduzieren, hat das Umweltministerium zum Beispiel auch das Informationsblatt zur ordnungsgemäßen Verwendung und Entsorgung von Medikamenten unter dem Motto „Gewässer schützen - Einträge von Arzneimitteln vermeiden“ veröffentlicht. Das Projekt „arrived“ unterstützt zudem die Spurentsoffstrategie des Bundes.