„Um Verbesserungen beim Tierschutz zu erreichen, bedarf es intensiver Kommunikation mit allen Beteiligten - Politik, Tierschutz- und Landwirtschaftsverbänden sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern – und Transparenz in Form einer verbindlichen Lebensmittelkennzeichnung des Tierschutzstandards. Die Probleme der Entwicklung einer flächenlosen, industriellen Tierproduktion in den Intensivgebieten außerhalb von Rheinland-Pfalz müssen grundsätzlich durch eine Neuausrichtung auf eine tiergerechte Landwirtschaft und eine Abkehr vom Massenangebot an Billigfleisch erreicht werden. Trotz zahlreicher Erfolge bleibt im Tierschutz noch viel zu tun“, erklärte Umweltministerin Ulrike Höfken im Kabinett anlässlich der Vorstellung des Tierschutzberichtes für die Jahre 2018/2019, bevor sie auf dessen Inhalte einging.
Betäubungslose Ferkelkastration
Zu Beginn des Berichtszeitraumes stand die Änderung des Tierschutzgesetzes mit der Verlängerung der Frist bis zum Ende der betäubungslosen Ferkelkastration im Vordergrund. „Weil geeignete Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration schon zur Verfügung standen, lehnte die Landesregierung die kurzfristige Fristverschiebung entschieden ab und forderte geeignete Wege zur praktikablen Umsetzung der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration“, sagte Höfken. Trotz des Widerstandes im Bundesrat sei die Übergangsfrist jedoch verlängert und das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration aufgrund einer Gesetzesinitiative der Regierungsfraktionen des Bundes um zwei Jahre bis zum 01.01.2021 verzögert worden.
Tierwohlkennzeichen
„Zur Kennzeichnung von tierischen Produkten nach Tierhaltungsstandards wurde im Berichtszeitraum ein Gesetzentwurf des Bundes für eine staatliche, jedoch freiwillige Tierwohlkennzeichnung auf den Weg gebracht - allerdings bis heute nicht erfolgreich umgesetzt. Stattdessen hat der Handel das Heft in die Hand genommen und eigene Label geschaffen - eine verbindliche, für Bauern und Bäuerinnen wie für Verbraucherinnen und Verbraucher gute Kennzeichnungslösung liegt bis jetzt nicht vor. Die Landesregierung hat im Bundesrat dieses Defizit massiv kritisiert und die Umsetzung einer EU-weit verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung beantragt“, stellte Höfken dar. „Für mehr Tierwohl in den Ställen brauchen wir ein verpflichtendes Tierwohllabel, das nachvollziehbar ist und am Markt Wirkung entfaltet. Die von Bundesministerin Klöckner beabsichtigte freiwillige Teilnahme an einer komplizierten Zertifizierung wird kaum Möglichkeiten für Betriebe bieten, über die bisherigen Mindeststandards in Sachen Tierwohl hinauszugehen und gleichfalls Erzeugerinnen und Erzeuger für ihre erbrachten Tierschutzleistungen entsprechend zu honorieren“, ging Höfken ins Detail.
Verbesserte Sauenhaltung
Mit der Änderung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung sollte insbesondere die Kastenstandhaltung von Sauen im Berichtzeitraum verbessert werden. Die Vorlage der Bundesregierung wurde nicht einmal den Gerichtsurteilen zur Bewegungsfreiheit der Sauen in Kastenständen gerecht. Letztlich wurde nach sehr langen Verhandlungen im Juli 2020 im Bundesrat die aus Tierschutzsicht hochproblematische Kastenstandhaltung mit einer Übergangszeit von acht Jahren im Deckzentrum gänzlich verboten. Dazu Höfken: „Die lange Fixierung der Tiere, rund 160 Tage im Jahr, war bei der Standardhaltung das relevanteste Tierschutzproblem. Jetzt wird die Haltung in den Kastenständen grundsätzlich abgeschafft und eine Fixierung nur in den „Abferkelbuchten“ für fünf Tage zum Schutz der Ferkel gestattet. Das ist mittelfristig ein enormer Fortschritt für den Tierschutz.“
Mehr Tierschutz bei Tiertransporten
„Zur Verhinderung von langen Tiertransporten, die für die Tiere sehr belastend sind und den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen, wurde 2019 die Überwachung und Kontrolle der Planung der Transporte deutlich verschärft und die geltenden Vorgaben für Tiertransporte – insbesondere in Drittländer – durchgesetzt“, so Höfken. Hierzu seien laut Höfken die zuständigen Kreisverwaltungen über ihre Prüfpflichten und Prüfmöglichkeiten bei der Abfertigung verstärkt informiert und auch strenge Prüfkriterien ergriffen worden. So müssen die Veterinärämter zum Beispiel seit August 2019 bei der Einzelfallprüfung der Transportplanungen über acht Stunden in andere EU-Mitgliedstaaten und Drittländer das Landesuntersuchungsamt beteiligen. Außerdem dürfen keine Transporte bei vorhergesagten Temperaturen von mehr als 27 Grad Celsius genehmigt werden – aus Vorsorgegründen zur Einhaltung der auf EU-Ebene geforderten 30 Grad Celsius. Nicht zuletzt aufgrund dieser strengen Vorgehensweise wurden seit September 2019 aus Rheinland-Pfalz keine Tiertransporte mehr in Drittländer abgefertigt.
Gleichzeitig wendete sich das Land an die EU-Kommission und Bundesregierung und verlangte im Bundesrat die nötigen bundes- und EU-rechtlichen Änderungen. „Bei Tiertransporten in Drittländer kommt es leider immer wieder zu Verstößen gegen tierschutzrechtliche Mindeststandards. Aber Tierschutz darf nicht an der Außengrenze der EU enden - dies liegt leider nicht im Einflussbereich einer Landesregierung“, hielt Höfken abschließend fest.
Hintergrund
Alle zwei Jahre legt das Umweltministerium dem Landtag einen Tierschutzbericht vor. Darin berichtet das Ministerium über Tierschutzthemen und die Entwicklung des Tierschutzrechts. Der aktuelle Bericht bezieht sich auf den Zeitraum 2018/2019. Den Tierschutzbericht 2018/2019 als PDF finden Sie hier