„Der Fipronil-Skandal hat die Lebensmittelüberwachung im vergangenen Jahr in Atem gehalten: Millionen Eier und tonnenweise verarbeitete Produkte wie Nudeln oder Gebäck haben die Behörden weltweit aus dem Verkehr gezogen. In Rheinland-Pfalz haben das Landesuntersuchungsamt (LUA) und die Lebensmittelkontrolleure der Kreise und Städte schnell reagiert: Sie haben mit Hochdruck daran gearbeitet, Rückrufe zu überwachen, 77 Geflügelhaltungen zu kontrollieren, eine Untersuchungsmethode zu etablieren und damit rund 100 Lebensmittelproben auf Fipronil zu untersuchen. Das Gute: In unserem Bundesland gab es keine Hinweise auf die Verwendung des Biozids“, sagte Ernährungsministerin Ulrike Höfken bei der Vorstellung der Bilanz der Lebensmittelüberwachung 2017 gemeinsam mit LUA-Präsident Dr. Stefan Bent.
Lebensmittelsicherheit im Blick: 19 gesundheitsschädliche Proben
„Die Menschen im Land müssen auf die Sicherheit ihrer Lebensmittel vertrauen können. Daher brauchen wir eine wachsame Lebensmittelkontrolle“, erklärte Höfken. 2017 hat das LUA insgesamt 20.193 Proben von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, wie etwa Bekleidung oder Spielwaren, sowie Kosmetika im Hinblick auf Gesundheitsgefahren und irreführende Angaben unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Jede neunte Probe entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Lebensmittelüberwachung hat insgesamt 2.338 Proben beanstandet. Die Beanstandungsquote lag somit bei 11,6 Prozent – 0,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
„Akut gesundheitsschädlich waren nur 19 Proben. Wie in den vergangenen Jahren auch ist der Anteil dieser Proben mit knapp 0,1 Prozent sehr gering. In sechs Fällen waren krankmachende Keime die Ursache für die gesundheitsschädliche Einstufung. So haben wir zum Beispiel Salmonellen in Majoran, asiatischen Pilzen oder in Zwiebelmettwurst nachgewiesen. Verotoxinbildende E. Coli Bakterien fanden sich in einem Schafskäse, Staphylokokken in Rohschinken und Listerien in Fleischsalat“, sagte Dr. Bent. Fünf Proben waren mit Histamin belastet und acht weitere hat das LUA wegen anderer Gesundheitsgefahren beanstandet, etwa wegen Fremdkörpern. So fand sich in einem Weihnachtsstollen beispielsweise ein Kunststoffsplitter oder in einer Konserve Hausmacher-Leberwurst ein Knochenstück.
„Die Beprobung des Warenkorbs erfolgt risikoorientiert: Wir entnehmen gezielt Proben, die mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Beanstandungen führen können. Die Beanstandungsquote ist somit nicht auf das allgemeine Warenangebot übertragbar. Rund 130 Lebensmittelkontrolleure im Land haben die Proben entnommen“, erläuterte der LUA-Präsident.
Fipronil-Skandal: System der industriellen Lebensmittelproduktion ist anfällig
„Die Lebensmittelkontrolleure der Kommunen und die Sachverständigen des LUA leisten wichtige Arbeit, die uns allen zugutekommt: Sie sorgen dafür, das beanstandete und gesundheitsgefährdende Produkte schnell identifiziert werden und umgehend aus den Supermarktregalen verschwinden“, so Höfken. Aktuell organisieren sie zum Beispiel wieder den Rückruf von mit Fipronil belasteten Eiern aus den Niederlanden. Über Niedersachen und Nordrhein-Westfalen sind die belasteten Eier kürzlich auch in rheinland-pfälzische Supermärkte gelangt. „Der Fipronil-Skandal 2017 und die aktuellen Ereignisse zeigen: Das System der industriellen Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln ist sehr anfällig. Denn große Tierbestände und lange Vertriebswege über zahlreiche Zwischenhändler erschweren eine schnelle Rückverfolgbarkeit und eine vertrauensbildende Übersichtlichkeit“, betonte die Ernährungsministerin. Daher sei es umso wichtiger, bäuerliche Betriebe aus der Region zu unterstützen: „So halten wir die Wertschöpfung in der Region, erreichen kurze Transportwege und Lieferketten sowie einen direkten Kontakt zwischen Erzeugern, Einzelhandel und Verbrauchern. Das schafft Vertrauen und Transparenz“, führte Höfken an.
Fälle wie der Fipronil-Skandal seien aufgrund der oftmals dahinterstehenden kriminellen Energie nicht immer im Vorhinein zu verhindern. Um solche Lebensmittelskandale künftig jedoch schneller einzudämmen, habe sich das Umwelt- und Ernährungsministerium beim Bund erfolgreich für zwei zentrale Verbesserungen eingesetzt: Zum einen für die Aufnahme weiterer Stoffe in den Nationalen Rückstandskontrollplan (NRKP), bei dem tierische Lebensmittel routinemäßig auf unerwünschte Substanzen untersucht werden. Denn vor 2017 habe Deutschland im NRKP gar nicht auf das Biozid Fipronil getestet. Und zum anderen für den richtigen und raschen Einsatz des Europäischen Schnellwarnsystems der Lebensmittelüberwachung RASFF, betonte Höfken. „So wie es scheint, haben die niederländischen Behörden aus dem Geschehen gelernt und die deutschen Behörden bei den aktuellen Fipronil-Fällen früher informiert als letztes Jahr“, sagte die Ernährungsministerin abschließend.
Die vollständige Bilanz der Lebensmittelüberwachung 2017 ist online abrufbar unter lua.rlp.de/de/service/publikationen-lua/