Der im April 2023 auf Initiative der Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände gestartete Dialogprozess „Schulterschluss Artenvielfalt Rheinland-Pfalz“ ist erfolgreich abgeschlossen. Umweltministerin Katrin Eder und Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt haben gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Landwirtschaft und Umweltschutz eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Eine starke Landwirtschaft und ein starker Naturschutz gehen dabei Hand in Hand. Dazu gehört insbesondere der Aufbau regionaler Kooperationsnetzwerke, die konkrete Maßnahmen erarbeiten und umsetzen.
Landwirtschaftsministerin Schmitt und Umweltministerin Eder zeigten sich erfreut über das Ergebnis: „Der Prozess hat gezeigt, dass Naturschutz und Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz an einem Strang ziehen. Mit dem Schulterschluss ist es gelungen, tragfähige Lösungen zu finden, die die Biodiversität sichern und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe stärken“, erklärten die beiden Ministerinnen.
Im Mittelpunkt des Dialogprozesses stand die Entwicklung praxisnaher Strategien für den Erhalt der Artenvielfalt sowie die Stärkung einer zukunftsfesten Agrarwirtschaft. In zahlreichen Arbeitstreffen der Arbeitsgruppen wurden Themen wie beispielsweise Bildung und Beratung, landwirtschaftliche Produktion, Naturschutzmaßnahmen, Grünlandschutz oder etwa Wasser intensiv bearbeitet. Die daraus resultierenden Empfehlungen werden nun schrittweise umgesetzt.
Ein zentrales Ergebnis ist die Einrichtung eines dauerhaften Kooperationsforums (Forum Schulterschluss Artenvielfalt), das den Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf Augenhöhe fortführen und die Umsetzung der Maßnahmen begleiten soll.
„Solche Kooperationen sind ein Gewinn für beide Seiten. Sie schaffen eine Grundlage für Vertrauen und Zusammenarbeit. Gerade in Zeiten, in denen wir ein großes Artensterben beklagen, schaffen wir hier wertvolle Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen. Stabile Ökosysteme bedeuten gesündere Böden, bessere Bestäubung und damit langfristig den Erhalt wichtiger Natur- und Kulturlandschaften“, betonte Umweltministerin Katrin Eder.
Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt ergänzte: „Ich begrüße die Kooperation ausdrücklich. Sie ist ein wichtiger Schritt, um eine zukunftsfeste, ökonomisch tragfähige Landwirtschaft sowie den Erhalt der Artenvielfalt weiter zu stärken – denn beides geht Hand in Hand. So bedeutet beispielsweise eine digital und präzise gesteuerte, bedarfsorientierte Ausbringung von Produktionsmitteln mit ressourcenschonender Applikationstechnik zum einen mehr Effizienz für den Landwirt sowie gleichzeitig einen höheren Umwelt- und Artenschutz. Auch an solchen Lösungen wird das neue Kooperationsforum weiter arbeiten und dabei auch die Vereinfachung von Verfahrensabläufen im Sinne einer Entbürokratisierung für Landwirte sowie die Verwaltung im Blick haben.“
„Der zunehmende Verlust der biologischen Vielfalt ist besorgniserregend und erfordert entschiedenes Handeln, auch hier bei uns. Um die Artenvielfalt unserer Kulturlandschaften zu fördern und gleichzeitig landwirtschaftliche Betriebe einzubinden und ökonomisch abzusichern, braucht es aber eine starke Allianz. Nun haben wir gemeinsam die Chance zu zeigen, dass man mit Kooperation in der Fläche mehr erreichen kann, als mit Konfrontation und welche Wirkung der Schulterschluss Artenvielfalt für Mensch und Natur in Zukunft entfalten kann“, fasste Cosima Lindemann, Vorsitzende des NABU Landesverbandes Rheinland-Pfalz e. V. die Herausforderungen für die Zukunft zusammen.
Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd e. V. stimmte zu und ergänzte: „Der Schulterschluss Artenvielfalt ist kein Kompromiss, sondern Konsens, der den kooperativen Ansatz als einzig zielführenden Weg zur Förderung des Zusammenwirkens von Landwirtschaft mit Natur- und Umweltschutz anerkennt. Jetzt braucht es finanziell attraktive Maßnahmen, bei denen sich eine Teilnahme für die Landwirte und Winzer nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch lohnt. Eine halbherzige Umsetzung, die zu mangelnder Beteiligung führt, um dann doch ordnungsrechtlich, statt freiwillig und anreizbezogen vorzugehen, darf es nicht geben.“
Sein Kollege Marco Weber, Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau e. V., pflichtete ihm bei: „Landwirtschaft und Weinbau geben einen Vertrauensvorschuss, in der Hoffnung auf eine positive Entwicklung zwischen allen Akteuren. Wir werden genau beobachten und die Ergebnisse evaluieren. Die Bereitschaft am Schulterschluss Artenvielfalt aktiver Teil zu sein, ist natürlich auch daran gekoppelt, dass das Land Rheinland-Pfalz finanziell alle Möglichkeiten zur Verfügung stellt: Denn letztlich sind die Bauern und Winzer diejenigen, die in Vorleistung treten und ihre Arbeit auch angemessen honoriert bekommen müssen.“
Diesen Punkt unterstützte auch Sabine Yacoub, Vorsitzende des BUND Landesverbandes Rheinland-Pfalz e. V.: „Der Schutz der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft gelingt nur mit Bewirtschaftung. Naturschutz kann hier nur gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern gelingen. Deshalb sind der Dialog und die enge Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft für den Naturschutz so entscheidend. Klar ist auch: Naturschutz in der Agrarlandschaft wird nur dann dauerhaft erfolgreich sein, wenn Leistungen für die Artenvielfalt fair honoriert werden und sich gut in den Betriebsalltag der Landwirtinnen und Landwirte integrieren lassen. Mit dem Schulterschluss Artenvielfalt haben wir Strukturen und Maßnahmen entwickelt, die genau das ermöglichen sollen.“
Dass dies funktionieren kann, unterstrich Regino Esch, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Ökologischer Landbau Rheinland-Pfalz / Saarland e. V.: „Landwirtschaft und Naturschutz müssen kein Gegensatz sein – im Gegenteil, sie können sich sinnvoll ergänzen. Der Ökolandbau macht dies seit vielen Jahren vor. Er verbindet Ernährungssicherung mit produktionsintegrierten Leistungen für die Biodiversität und zeigt auf seinen Flächen ganz konkret, wie Artenvielfalt und Bewirtschaftung zusammengehen können. Diese Stärken möchten wir weiter ausbauen und in die Breite tragen.“
„Mit dem Ziel, über freiwillige Kooperationsmaßnahmen die Wirksamkeit von Umweltmaßnahmen zu erhöhen und die angemessene Entlohnung der Landwirte zu sichern, sind wir auf einem richtigen Weg“, ist sich Michael Horper, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz sicher und richtete den Fokus noch auf weitere Aspekte: „Als Präsident der Landwirtschaftskammer ist mir dabei die Weiterentwicklung einer effizienten Beratung und Betreuung der wirtschaftenden Betriebe besonders wichtig. Dies muss einhergehen mit einem Abbau bürokratischer Hemmnisse.“
Peter Keller, Vertreter des Beirats für Naturschutz beim MKUEM und Mitglied der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz e.V. (GNOR) fasste die Erfolge des Prozesses zusammen: „Beim Dialogprozess Artenvielfalt haben wir über drei Jahre auf Augenhöhe miteinander gestritten, kontrovers diskutiert und nach gemeinsamen Lösungen gerungen. In der Lenkungsgruppe, den verschiedenen Arbeitsgruppen und letztlich in den beiden Fach-Foren ging es immer um die Suche nach konstruktiven Lösungen. Das haben wir erreicht.“
„Unser Ziel ist klar: Wir wollen gemeinsam Lösungen entwickeln, die Natur und Landwirtschaft stärken – für zukunftsfähige Höfe, lebendige Kulturlandschaften und eine Gesellschaft, die von beidem profitiert“, waren sich die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände und der Ministerien einig.
Mit dem Start der Umsetzungsphase beginnt eine neue Etappe in der Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Beide Ministerien, aber auch alle beteiligten Verbände werden den Prozess weiter begleiten.
Bereits jetzt fördert das Land im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), umweltwirksame Maßnahmen mit rund 104 Millionen Euro pro Jahr – in einem Mix aus EU-, Bundes- und Landesmitteln. Parallel dazu werden derzeit im Zuge des Etablierungsprozesses der Naturschutzstationen Rheinland-Pfalz Mittel in Höhe von rund 600.000 Euro pro Jahr bereitgestellt. Zudem wird das Land sich dafür einsetzen, im Rahmen der Weiterentwicklung der GAP ab 2028 weitere Finanzmittel mit Blick auf den Schulterschluss Artenvielfalt Rheinland-Pfalz bereitzustellen.
Die Kooperationsvereinbarung finden Sie unter https://s.rlp.de/schulterschlussartenvielfalt

