Die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Ulrike Höfken kritisiert die jetzt vorgelegten Beschlüsse der EU-Kommission zur Zukunft der Pflanzrechte im Weinbau nach 2015: „Dahinter steckt eine Salamitaktik, die Schritt für Schritt zur Ausweitung der Rebflächen und damit zur völligen Liberalisierung des Weinanbaus in Europa führen könnte.“ Gleichzeitig seien die Pläne mit einem enormen bürokratischen Auf-wand auf EU-, Bundes- und Verbandsebene verbunden. Höfken: „Die Bundesregierung und das Europäische Parlament sind gefordert, diesen Irrweg zu verhindern.“
Die EU-Kommission hatte eine Expertengruppe („High Level Group“) beauftragt, Vorschläge zur künftigen Regelung der Pflanzrechte zu entwickeln. Demnach sollen anstelle des Systems mit Pflanzrechten, die durch Rodung entstehen, künftig Rebflächen lizensiert werden. Dazu bedürfe es eines „Autorisierungssystems“ für Genehmigungen von Neupflanzungen für alle Kategorien von Wein, also für Weine mit geschützten Ursprungsbezeichnungen, geschützten geografischen Angaben und für Weine ohne geografische Angaben. Die Verwaltung dieses Systems soll durch die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Empfehlungen aus den anerkannten und repräsentativen berufsständischen Organisationen des Weinsektors erfolgen. Jede, über die bestehende Rebfläche hinausgehende neue Pflanzung müsste eine solche Genehmigung erhalten. Diese wäre kostenfrei, nicht übertragbar und für einen begrenzten Zeitraum von drei Jahren gültig.
Daneben will die Kommission einen „Schutzmechanismus“ auf EU-Ebene schaffen, indem ein bestimmter Prozentsatz für autorisierte Neuanpflanzungen festgelegt wird. Die Mitgliedstaaten hätten dann zwar die Möglichkeit, einen niedrigeren Pro-zentsatz auf nationaler oder regionaler Ebene oder pro Wein-Kategorie festzulegen. Nicht genutzte Rechte könnten dann aber von anderen EU-Staaten genutzt werden.
„An dieser Stelle öffnet sich die Hintertür für eine stetige Ausweitung der Rebflächen in Europa“, warnt Ministerin Höfken. Denn selbst wenn sich ein Mitgliedstaat für eine Begrenzung seiner Rebflächen entscheiden würde, könnten andere dieses „ungenutzte Genehmigungspotenzial“ für sich nutzen. Damit wäre die schleichende Industrialisierung des Weinbaus in Europa nicht mehr aufzuhalten. „Erstens ist noch offen, um wieviel Prozent die Rebfläche pro Jahr ausgeweitet werden könnte. Zweitens könnte der angekündigte Systemwechsel dazu führen, dass jetzt schon bestehende, aber ungenutzte Rechte schlagartig realisiert werden“, so Höfken. AlIein in Rheinland-Pfalz schlummerten Pflanzrechte für rund 2.500 Hektar bei den Erzeugern. Dies könne zu unkalkulierbaren Verwerfungen am Weinmarkt auf Kosten der Qualität führen. Insgesamt werden in Rheinland-Pfalz derzeit rund 64.000 Hektar Rebfläche bewirtschaftet.
Die Schlussfolgerungen der High Level Group werden nun dem Rat und dem Europäischen Parlament vorgelegt. Eine Umsetzung soll mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 erfolgen.