| Abwägungsgrundlage

Dialogprozess will den Windkraftausbau beschleunigen und den Artenschutz stärken

Flächen mit wenig Konfliktpotential identifiziert – Gemeinsamer Appell, in diese Gebiete zu planen – Gute Zusammenarbeit von Klimaschutzministerium, Innenministerium sowie Energie- und Umweltverbänden
Kiebitz
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Arten- und Klimaschutz müssen zusammen gedacht werden, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien auf eine naturverträgliche Weise zu beschleunigen. Unter diesem Leitmotiv wurde 2021 der Dialogprozess zu Windkraft und Artenschutz gestartet. In diesem Prozess arbeitet das Klimaschutzministerium erstmals mit den in Rheinland-Pfalz maßgeblichen Energie- und Umweltverbänden sowie im weiteren Verlauf unter Hinzuziehung des für die Raumordnung zuständigen Innenministeriums zusammen.

Aufgrund vieler gesetzlicher Änderungen im Bund und Europa zum Ausbau der Windenergie, die es zunächst zu bewerten galt, hat der ursprünglich für ein Jahr angesetzte Prozess länger gedauert als ursprünglich geplant. Im ersten Schritt wurden gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) die artenschutzfachlich relevanten Kriterien abgestimmt und auf dieser Basis die für den Artenschutz relevanten Flächen identifiziert. Daraus wurden im Laufe des Jahres 2023 im Rahmen einer Flächenanalyse die aus artenschutzfachlicher und naturschutzrechtlicher Sicht konfliktarmen Gebiete in Rheinland-Pfalz abgeleitet. Die Beteiligten des Dialogprozesses empfehlen deshalb ausdrücklich, zur Beschleunigung des Ausbauprozesses, zukünftig Windenergiegebiete in den konfliktarmen Bereichen zu planen, soweit dem nicht andere gewichtige Belange entgegenstehen.

„Die Klimakrise und die Artenkrise gehören zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie können nur gemeinsam bewältigt werden. Wir brauchen einen beschleunigten Ausbau der Windkraft, um Rheinland-Pfalz spätestens bis 2040 klimaneutral zu machen und um die Stromproduktion bis 2030 bilanziell komplett auf Erneuerbare Energien umzustellen. Zugleich muss beim Ausbau der Erneuerbaren Energien der Schutz der windenergiesensiblen Arten berücksichtigt werden, da das wachsende Artensterben die Stabilität lebenswichtiger Ökosysteme gefährdet. Hier brauchen wir ausgewogene Lösungen. Für die Abwägung bei der Planung vor Ort leistet der Dialogprozess einen wichtigen Beitrag“, erklärte Umwelt- und Energieministerin Katrin Eder. 

„Die jetzt vorliegende fachliche Unterstützung ist von entscheidender Bedeutung für die Planungsträger in den Regionen und Kommunen, um die jüngsten Verbesserungen im Bereich der Windenergie aus der Aktualisierung des Kapitels Erneuerbare Energien im Landesentwicklungsprogramm noch optimaler und effektiver zu nutzen. Der Fachbeitrag ist für die Träger der Regionalplanung eine unerlässliche Basis, um die zukünftigen Entwicklungen im Rahmen des Landeswindenergiegebietegesetzes sorgfältig zu berücksichtigen und abzuwägen", betonte der für die Landesentwicklung zuständige Innenminister Michael Ebling.

Die Zielkulisse für den Artenschutz, die das LfU im Rahmen des Dialogprozesses erarbeitet hat, wird nun über das für die Landesplanung zuständige Innenministerium als artenschutzfachlicher Beitrag an die Planungsgemeinschaften gehen. Ziel ist es, im ersten Schritt bis Ende 2027 auf mindestens 1,4 Prozent der Landesfläche die Errichtung von Windkraftanlagen zu ermöglichen und auf mind. 2,2 Prozent bis 2030. Dies entspricht den derzeitigen Vorgaben der Bundesgesetzgebung beziehungsweise deren beabsichtigter Umsetzung in der Landesregierung. Nach Abzug verschiedener Restriktionen (wie beispielsweise Siedlung und Verkehr) für den Windenergieausbau ergeben sich aus Sicht des Arten- und des Naturschutzrechts konfliktarme Flächen von über 4 Prozent der Landesfläche. Diese Flächen werden Eingang finden in eine umfassende landesweite Flächenpotenzialanalyse des Innenministeriums.

„Ein Ziel des Dialogprozesses war, die Abwägungen für die Planungen vor Ort aus Sicht des Artenschutzes zu optimieren, und damit auch die grundsätzlich hohe Akzeptanz für den Ausbau der Windkraft zu stärken. So wurde es bereits in der Absichtserklärung aller Beteiligten zum Auftakt des Prozesses formuliert. Dazu sollten aus Sicht des Artenschutzes möglichst konfliktarme Flächen für den Windkraftausbau identifiziert werden und zugleich ausreichend Raum für geschützte Arten dargestellt werden. „Das ist in guter und konstruktiver Kooperation jetzt geschehen“, betonte Umwelt- und Energieministerin Katrin Eder. 

„Artenschutz und Windenergie dürfen nicht weiter gegeneinander ausgespielt werden. Denn in Rheinland-Pfalz sind es weitgehend andere Restriktionen, wie Abstände zu Siedlungs- und Verkehrsflächen, die bereits 80 Prozent der Landesfläche für Windenergie unzugänglich machen. Der vorliegende Fachbeitrag zeigt, dass dennoch ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie vor allem mit einer guten Flächenplanung möglich ist. Nun sind die Planungsverantwortlichen auf allen Ebenen gefragt, die Ergebnisse dieses Fachbeitrags in ihren Planungs- und Abwägungsprozessen zu berücksichtigen, um Konflikte mit dem Naturschutz künftig zu minimieren. Auf diese Weise können Planungsgemeinschaften, Kommunen und Projektierer dazu beitragen den Klimaschutz voran zu bringen ohne dabei die Naturkrise weiter zu verschärfen“, appellierten die Verbandsspitzen der am Prozess beteiligten Naturschutzverbände des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), des Naturschutzbundes (NABU) und der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (GNOR) gemeinsam.

„Alle Akteure haben sich auf einen gemeinsamen Weg gemacht – für eine Beschleunigung der Energiewende und für eine Stärkung des Artenschutzes. Jetzt wird es maßgeblich darauf ankommen, die Flächen mit keinen oder geringen artenschutzrechtlichen Hemmnissen schnell auszuweisen, und die Planungen in diesen Gebieten zügig voranzutreiben und auf den Windenergieausbau hemmende Klagen zu verzichten. Wenn uns das gelingt, haben wir richtungweisende Planungsgrundlagen für eine erfolgreiche Energiewende in Rheinland-Pfalz gelegt. Wir brauchen die Energiewende, um den Klimawandel aufzuhalten, damit können wir einen Beitrag zum langfristigen Erhalt unserer Artenvielfalt leisten", kommentierten die Energieverbände.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dialogprozesses appellieren an die an der Planung von Windkraftanlagen Beteiligten, die Zielkulissen für den Artenschutz in den Abwägungen bei der Erschließung neuer Flächen für die Windenergie zu berücksichtigen und in diese Gebiete zu planen, in denen ein geringerer Konflikt mit dem Artenschutz zu erwarten ist.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dialogprozesses sind sich einig, dass es sich hierbei um einen Appell für zukünftige Planungen handelt. Für bestehende Windenergiegebiete wurden die naturschutzfachlichen Belange bereits auf Gebietsebene abgewogen, so dass der neue Fachbeitrag diesen Gebieten, vorhandenen Windenergieanlagen und insbesondere auch dem Repowering, nicht entgegensteht. Gleiches gilt grundsätzlich für bereits qualifiziert geplante Windenergiegebiete, das heißt nach Durchführung einer strategischen Umweltprüfung.

„Die im Dialogprozess unter naturschutzfachlichen Aspekten erarbeitete Analyse mithilfe eines geographischen Informationssystems (GIS) hat deutlich gemacht, dass sowohl für den Artenschutz als auch für den Ausbau der Windenergie grundsätzlich genügend Flächen zur Verfügung stehen, wenn die Zielkulissen Artenschutz künftig von Planungen möglichst freigehalten werden“, erklärte Umwelt- und Klimaschutzministerin Katrin Eder. „Der gute Austausch der Verbände im Dialogprozess hat gezeigt, dass es sinnvoll ist, die Herausforderungen der Energiewende und des Artenschutzes regelmäßig zu diskutieren und zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen.“

Für den Artenschutz wurden im Rahmen des Prozesses Flächen identifiziert, die besonders wertvoll sind. Darin enthalten sind nicht nur NATURA 2000-Gebiete, sondern auch weitere besonders wertvolle Lebensräume, wie landesweit bedeutsame Rastplätze und wertvolle Fledermaushabitate. Das Klimaschutzministerium wird deshalb zukünftig Mittel der Artenhilfsprogramme für windenergiesensible Arten vorrangig in diese Gebiete lenken.

Das Klimaschutzministerium wird den Dialogprozess „Windkraft und Artenschutz“ in einen Runden Tisch „Windkraft und Artenschutz“ überführen. Dieser wird zukünftig mehrmals im Jahr zu aktuellen Themen und Herausforderungen der Energiewende und dem Artenschutz tagen.

Der Fachbeitrag Artenschutz (Text und Karte) und weitere Hinweise zum Naturschutz bei der Planung von Windenergiegebieten in Rheinland-Pfalz werden auf den Seiten des Landesamtes für Umwelt (www.lfu.rlp.de) in der Rubrik Naturschutz/Kompetenzzentrum Staatliche Vogelschutzwarte und Artenvielfalt in der Energiewende (KSVAE) bereitgestellt.

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