„Der NABU Neuwied und Umgebung e.V. hat es geschafft aus einer biologisch fast toten Fläche ein wertvolles Biotop zu machen. Was 150 Jahre lang eine Abraumhalde war, um Abfälle der Eisenverhüttung zu lagern, ist nun ein artenreicher Lebensraum geworden. Dieses Engagement für den Naturschutz verdient zu Recht die Auszeichnung UN-Dekade für Biologische Vielfalt“, sagt Umweltministerin Ulrike Höfken bei ihrem Besuch auf der fünf Hektar großen Fläche in Bendorf.
Rund 60 Vogelarten unter anderem Grünspecht, Turmfalke, Trauerschnepper, Waldschnepfe, Eisvogel, Wasseramsel sowie eine vom Aussterben bedrohte Schrecke - die Ödlandschrecke, außerdem Mauer- und Zauneidechsen und viele verschiedene Insektenarten leben wieder auf dieser Fläche. So auch seltene Schmetterlingsarten, wie etwa der Schwalbenschwanz.
Dieser Erfolg setzte 15 Jahre lange, mühselige Arbeit der NABU-Mitglieder voraus. 2005 erwarb der NABU Neuwied und Umgebung e.V. das Gelände der Concordia Sandhalde und zäunte es ein. Die Mitglieder beseitigten den Müll, entfernten expansive Pflanzenarten und startete ein Beweidungsprojekt mit Burenziegen und Esel als lebendige Landschaftspfleger. Diese sorgen nun dafür, dass die Flächen offenbleiben und nicht verbuschen.
„Auch jetzt müssen die Flächen weiter gepflegt werden. Wir machen zum Beispiel Arbeitseinsätze, um nicht einheimische invasive Pflanzenarten einzudämmen und so den einheimischen Arten mehr Lebensraum zu schaffen. Besonders freuen wir uns über die Bruterfolge von Turmfalke, Trauerschnepper und Eisvogel“, sagt NABU-Vorsitzender Johannes Leonhard.
„Sie zeigen mit ihrem Projekt, dass der Schutz der für das Überleben wichtigen biologischen Vielfalt vor der eigenen Haustüre anfängt und durch das Einbringen des Ehrenamtes zu wunderbaren Erfolgen führt“, so Höfken. Auch Dr. Ulrich Kleemann, Prä-sident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, zeigte sich von der Wandlung der ehemaligen Abraumhalde zu einem Baustein in ein Biotopverbundsystem beeindruckt.
Hintergrund: UN-Dekade für biologische Vielfalt
Die UN hat die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade für die biologische Vielfalt erklärt. Sie macht damit auf die Bedeutung der Biodiversität für das menschliche Leben aufmerksam und will zum Handeln anregen. Dazu gab es deutschlandweit einen Wettbewerb unter dem Motto „Insekten schützen – Gemeinsam für die Vielfalt der Natur“.
Monokulturen, Pestizideinsatz und die Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege und Siedlungen führen dazu, dass viele der für Agrarlandschaften typischen Tier- und Pflanzenarten selten geworden sind.
So fehlen Lebensräume besonders für Arten, die an extensive Bewirtschaftung und an Landschaftselemente wie Hecken oder Feldraine gebunden sind. Vor allem das Insektensterben ist seit Jahren massiv.
Das hat Folgen für andere Arten, da Insekten die Nahrungsgrundlage für kleine Säugetiere, Vögel, Amphibien und weitere Tierarten sind. Bei der bedeutenden Gruppe der Bestäuberinsekten, insbesondere den Wildbienen einschließlich der Hummeln, ist der Rückgang ähnlich dramatisch: Es gibt über 560 Wildbienen-Arten in Deutschland. Von den untersuchten 557 Arten sind nach der Roten Liste der Bienen über 40 Prozent aktuell bestandsgefährdet. Weitere nahezu 5 Prozent sind extrem selten und 7 Prozent sind in Deutschland bereits ausgestorben oder verschollen.
Ähnlich ist die Situation in Rheinland-Pfalz: Rund 10.000 Insektenarten sind im Land nachgewiesen. Doch einige Arten sind ernsthaft bedroht: Bei den Großschmetterlingen sind inzwischen 64 Prozent der Arten auf der Roten Liste in einer Gefährdungskategorie, so viele wie nie zuvor. Auch der Blick auf weitere gut untersuchte Gruppen wie Heuschrecken oder Prachtkäfer zeigen eindeutige Trends. So sind laut der Roten Liste „Geradflügler“ 49 Prozent der Heu- und Fangschrecken gefährdet.