Auf EU-Ebene wird aktuell über Details zur sogenannten Taxonomie-Verordnung diskutiert. Die Verordnung soll z.B. Anlegerinnen und Anlegern dabei helfen, in klimafreundliche und nachhaltige Unternehmen und Sektoren zu investieren. Mit Hilfe wissenschaftlicher Kriterien soll die Taxonomie dem vielfach beklagten Greenwashing einen Riegel vorschieben und ein Gütesiegel für nachhaltige Finanzanlagen schaffen. Strittig ist die Frage, ob Investitionen in Atomenergie als nachhaltig klassifiziert werden. Das von der EU-Kommission beauftragte Joint Research Centre (JRC) hat sich in einem Bericht bereits dafür ausgesprochen. Rheinland-Pfalz widerspricht dieser Einschätzung in seinem Antrag klar. „Die hochriskante Atomenergie verstößt gegen das sogenannte ‚Do-No-Significant-Harm‘-Kriterium der EU-Taxonomie. Danach gilt eine Wirtschaftsaktivität dann als taxonomiekonform, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem von insgesamt sechs Umweltzielen leistet, ohne den anderen zuwiderzulaufen. Das JRC hat in seinem Bericht das Risiko nuklearer Unfälle mit den einhergehenden Kosten für Mensch und Umwelt unzureichend berücksichtigt. Gleiches gilt für die langfristigen Risiken bei der Atommüllendlagerung“, sagte Klimaschutz- und Energieministerin Anne Spiegel.
„Das Klimaschutzministerium unterstützt das Ziel der EU-Taxonomie, nachhaltige Finanzprodukte attraktiver zu gestalten und Anreize für nachhaltige Investitionen zu schaffen. Wirkungsvoll umgesetzt, kann dadurch ein Investitionsschub hin zu Erneuerbaren Energien und für mehr Klimaschutz ausgelöst werden. Atomenergie aber ist weder klimaneutral noch nachhaltig – Atomenergie ist eine Risikotechnologie. Folglich dürfen auch Investitionen in Atomenergie nicht als nachhaltig gelten. Andernfalls geht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die komplette EU-Taxonomie verloren“, so Spiegel weiter. Rheinland-Pfalz wendet sich damit auch klar gegen eine Renaissance der Atomenergie unter dem Deckmantel der Klimaneutralität. „Wer Atomenergie als klimaneutral bezeichnet, missachtet deren CO2-Kosten zum Beispiel beim Uranabbau oder Folgekosten bei der Atommülllagerung. Es ist deshalb an der Zeit, der Atomenergie in ganz Europa den Stecker zu ziehen“, erklärte die Ministerin.
Rheinland-Pfalz fordert in seinem Antrag auch die Bundesregierung auf, sich für einen möglichst schnellen Atomausstieg in der gesamten EU einzusetzen. Bei Laufzeitverlängerungen und der Endlagersuche in Nachbarländern muss größtmögliche Transparenz herrschen und die deutsche Bevölkerung muss die Möglichkeit zur Beteiligung haben.
Die Energieministerinnen und -minister von Bund und Ländern treffen sich zweimal im Jahr, um über aktuelle energiepolitische Themen zu beraten. Die heutige Konferenz auf Ebene der Amtschefinnen und Amtschefs bereitet das nächste Energieministerinnen und -ministertreffen am 4. Oktober vor, auf dem der rheinland-pfälzische Antrag zur Abstimmung steht.
Rheinland-Pfalz hat sich bereits Ende Juli im Rahmen der „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ an die zuständigen EU-Kommissarin und -Kommissare sowie Kommissionspräsidentin von der Leyen gewandt. In einem gemeinsamen Brief lehnen die sechzehn Regionen, in denen mehr als 55 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger leben, die Einordnung von Atomenergie als nachhaltig ab und widersprechen der Bewertung des Joint Research Centre.
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Atomausstieg