Feuerfalter, Luchs, Biber, Flussperlmuschel, Smaragdlibelle: Zahlreiche seltene Tierarten tummeln sich in den Wäldern, Wiesen und Auen der europäischen Großregion Saarland, Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Wallonien. Diese hat ein neues Internetportal entwickelt, um über die biologische Vielfalt auf ihren rund 65.400 Quadratkilometern zu informieren. Die Daten zur Verbreitung seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten in der Großregion werden unter <link http: www.bio-gr.eu>www.bio-gr.eu gesammelt. Wie die Internetseite funktioniert und welchen Mehrwert die Zusammenführung der Daten erzeugt, wurde am Donnerstag in einer Pressekonferenz in der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier vorgestellt. Teilnehmer der Pressekonferenz waren der rheinland-pfälzische Umweltstaatssekretär Thomas Griese, der saarländische Staatssekretär für Umwelt und Verbraucherschutz, Roland Krämer, und der stellvertretende Direktor der DREAL Lothringen, Guy Lavergne. Das Projekt wurde von den beteiligten Regionen mit jeweils 10.000 Euro finanziell unterstützt.
Umweltstaatssekretär Thomas Griese: „Da die Verbreitung der Arten nicht an Staatsgrenzen endet, ist die länderüberschreitende Zusammenarbeit eine grundlegende Voraussetzung bei der Umsetzung der Ziele von Natura 2000. Die Großregion ist als Modellraum für eine solche Kooperation besonders geeignet“.
Das neue Internetportal bietet Informationen zur Verbreitung von über 300 Tier- und Pflanzenarten, die in den Anhängen der Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und Vogelschutzrichtlinien verzeichnet sind. Naturschutzexperten, Naturschutzverwaltungen, grenzüberschreitende Naturparke, Nichtregierungsorganisationen, aber auch einzelne Bürger und Bürgerinnen erhalten einen Überblick über die Verbreitungssituation seltener und gefährdeter Arten in der Großregion, in ihrer Landschaft oder ihrer Gemeinde. Das Portal präsentiert sich in deutscher, französischer und englischer Sprache und erleichtert so allen Interessierten in der Großregion den Zugang. Jeder registrierte Anwender kann das Portal dazu nutzen, nach selbst definierten Kriterien (von der Kategorie von Lebewesen, Landschaftsraum bis hin zu Zeitpunkt und Datenquelle) eigene Verbreitungstabellen oder Karten zu erstellen.
Auf der Basis des Datenportals können Erkenntnisse über vorhandene Datenlücken oder offene Fragen für die Biodiversitätsforschung abgeleitet werden. Außerdem trägt es dazu bei, die von der EU geforderte grenzüberschreitende Zusammenarbeit modellhaft im Bereich der Biodiversität und des Naturschutzes umzusetzen. Dies ist umso mehr von Bedeutung als sich die Natura2000-Richtlinien nicht auf Staaten oder Regionen beziehen, sondern auf Naturräume (biogeografische Regionen). Im Übergangsbereich der atlantischen und kontinentalen biogeografischen Region gelegen, ist die Großregion von besonderem wissenschaftlichen Interesse für Fragen der Biodiversität - auch im Zusammenhang mit dem klimatischen Wandel, der Beobachtung von bedrohten, endemischen Arten, wie dem Flusskrebs, invasiven Arten wie dem amerikanischen Edelkrebs, wandernden Arten wie den Wasservögeln und wieder eingebürgerten Arten wie Luchs und Otter.
Indem für Bio-GR internationale Standards für Biologische Sammlungen nach dem weltweiten Informationssystem zur biologischen Vielfalt (GBIF: Global Biodiversity Information Facility <link http: www.gbif.de>www.gbif.de) verwendet wurden, ist eine Verknüpfung mit globalen Datenportalen problemlos möglich. Dies ermöglicht die Einbindung der in Bio-GR zusammengestellten Daten der Großregion in globale Auswertungen und erhält umgekehrt den Input aus der globalen in die großregionale Ebene.
Fotos zum neuen Biodiversitäts-Portal unter <link http: www.mulewf.rlp.de mediathek bildergalerie>www.mulewf.rlp.de/mediathek/bildergalerie/
Unterarbeitsgruppe „Biodiversität-Natura2000“
2002 hat die Arbeitsgruppe „Umwelt“ der Großregion eine Unterarbeitsgruppe „Biodiversität-Natura2000“ gegründet, um den Wissens- und Erfahrungsaustausch über die Umsetzung der Natura2000-Richtlinien in den einzelnen Regionen auf der Ebene der Großregion voranzubringen.
Folgende Organisationen sind in der Unterarbeitsgruppe vertreten:
- DREAL Lorraine (Direction Régionale de l´ Environnement, de l´ Aménagement et du Logement
- LUWG (Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland‐Pfalz)
- MDDI – DepEnv (Ministère du Développement durable et des Infrastructures - Département de l’environnement) Luxembourg
- DEMNA (Département de l’Etude du milieu naturel et agricole) Wallonie
- DIREN (Direction Régionale de l’Environnement) Lorraine
- Zentrum für Biodokumentation als Stabsstelle des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz, Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Saarland
- Naturhistorisches Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde Rheinland‐Pfalz
- MNHNL (Musée national d'histoire naturelle) Luxembourg
Die Sprecher der Unterarbeitsgruppe stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung:
Erika Mirbach, Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht, Rheinland-Pfalz, Tel.: 0049 (0)15254605372 / <link>Erika.Mirbach@luwg.rlp.de
Sebastien Hesse, Inventaires du Patrimoine Naturel et Réseaux Ecologiques, Service Ressources Milieux Naturels - Division Connaissance Milieux Aquatiques Terrestres, DREAL Lorraine, Tel. 00 33 6 70 64 95 94, <link>sebastien.hesse@developpement-durable.gouv.fr.
Zukunft des Portals
Die Phase eins des Datenportals Bio-GR ist nunmehr abgeschlossen. Sie umfasst die Ausarbeitung der technischen Lösungen, die Zusammenführung der regionalen Datensätze und die Erstellung der Web-Portallösung.
Zielvorstellung der Expertengruppe ist es, Verbreitungsdaten der FFH-Lebensraumtypen, und weitere Daten zu Vorkommen und Verbreitung relevanter Tier- und Pflanzenarten mit aufzunehmen. Zudem ist die Erstellung einer Anwendungshilfe, eines Thesaurus für umgangssprachliche Artnamen und ein Glossar für Fachbegriffe vorgesehen. Die Kooperation mit dem GR-GIS, dem Geoinformationssystem der Großregion zur Erfassung, Bearbeitung, Organisation und Präsentation geographischer Daten wurde bereits begonnen (siehe: <link http: www.gis-gr.eu>www.gis-gr.eu).
Biodiversität und Natura 2000
Der Begriff Biodiversität beschreibt das gesamte Spektrum des Lebens auf der Erde. Er umfasst die große Artenvielfalt aller natürlich vorkommenden sowie der gezüchteten Tier- und Pflanzenarten, Mikroorganismen und Pilze aber auch die genetische Vielfalt innerhalb jeder Art. Auch die Vielfalt der Lebensräume auf der Erde mitsamt ihren komplexen ökologischen Prozessen und Wechselwirkungen gehören zur Biodiversität. Wichtig dabei sind insbesondere die Austausch- Wanderungs- und Ausbreitungsbewegungen der Populationen von Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensgemeinschaften, die für den Fortbestand und die weitere Entwicklung lebensfähiger Populationen unabdingbar sind.
Vor dem Hintergrund des weltweit zu beobachtenden rapiden Rückgangs der Artenvielfalt in den letzten Jahrzehnten wurde 1992 eine Konvention zum Erhalt der Biodiversität in Rio di Janeiro (CBD) ratifiziert, die bis heute von 190 Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde. Ein wichtiger europäischer Beitrag zur Umsetzung der Ziele dieser Konvention ist die Einrichtung von Natura2000.
Natura2000 ist ein Netz europäischer Schutzgebiete, das sich aus Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebieten und Vogelschutzgebieten (VSG) zusammensetzt. Dieses Gebietsnetz repräsentiert die typischen, die besonderen und die seltenen Lebensräume sowie die Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem europäischem Interesse. Dabei bilden die ausgewählten Gebiete ein zusammenhängendes (kohärentes) Netz. Dieses Netz unterstützt das Zusammenspiel der oben beschriebenen vielfältigen ökologischen Beziehungen zwischen den Arten und Lebensgemeinschaften und ihren Lebensräumen von gemeinsamem europäischem Interesse (diese werden als Schutzgüter bezeichnet und sind in den Anhängen I, II, IV und V der FFH-RL und im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgelistet).