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Katrin Eder: „Kiebitze sollen durch Aufzuchtstation im Zoo Landau bessere Überlebenschancen haben“

Umweltministerin Katrin Eder weiht Kiebitz-Aufzuchtstation im Zoo Landau ein – Hier werden Eier, die in der Natur keine oder kaum eine Chance haben ausgebrütet zu werden, aufgenommen und die Küken bis zur Auswilderung aufgezogen. Das soll helfen, die Wildbestände der stark vom Aussterben bedrohten Art zu stützen

„Der Erhalt der Artenvielfalt ist ein Garant für stabile Ökosysteme. Je stabiler sie sind, desto besser können sie auf Veränderungen reagieren. Fehlen zu viele Arten, kann auch das Ökosystem aus dem Gleichgewicht geraten. In wenig lebendigen Gewässern fehlt dann beispielsweise die wichtige Filterfunktion von Tieren und Pflanzen, die das Wasser sauber halten. Fehlen zu viele Insekten, können Pflanzen weniger gut bestäubt werden. Dies wiederum führt zu weniger Erträgen bei Obst und Gemüse. Fehlen zu viele Vögel, wird weniger Samen durch ihre Ausscheidungen verbreitet. Auch wenn wir von einzelnen Arten nicht wissen, welche Rolle sie im ökologischen Gleichgewicht spielen, ist es wichtig, sie zu erhalten. Denn oft weiß man erst, wie wichtig sie sind, wenn sie fehlen. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass Arten geschützt und erhalten werden“, so Klimaschutzministerin Katrin Eder am heutigen Sonntag im Zoo Landau. Dort weihte sie eine Aufzuchtstation für Kiebitze ein. Diese ist fortan Teil des landesweiten Kiebitz-Projektes, das jährlich seit 2019 mit Mitteln der Aktion Grün des Klimaschutzministeriums gefördert und von der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (GNOR) e.V. betreut wird. Die Förderung der Jahre 2022 bis 2024 beträgt insgesamt 406.114 Euro.

Auf beweideten Flächen sind Nester vor Fressfeinden geschützt

In die Aufzuchtstation werden die Eier von verlassenen oder bedrohten Nestern gebracht, um hier ausgebrütet zu werden. Die Küken werden im Zoo fachkundig aufgezogen, um anschließend ausgewildert zu werden. Das Ganze funktioniert so: Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GNOR beobachten regelmäßig, ob der Kiebitz an seinen bekannten Standorten und in deren Nähe ein Nest gebaut und Eier gelegt hat. Ist dieses Nest an einem geschützten Standort gebaut, ist alles okay. Das ist oft dann der Fall, wenn es auf einer beweideten Fläche ist. Kühe oder andere Tiere fungieren dann als Beschützer. Sie sorgen dafür, dass sich beispielsweise keine Menschen oder Hunde den Nestern nähern und diese zerstören oder das Elterntier verschrecken. Auch wenn Landwirtinnen und Landwirte ihr Einverständnis geben, dass die Nester mit einem Elektrozaun oder einem Drahtkorb geschützt werden, müssen die Eier nicht gerettet werden. Denn beides schützt davor, dass das Nest etwa von Fressfeinden, wie Füchsen oder Waschbären, geplündert wird. Gibt es hingegen weder tierische noch technische Beschützer, ist die Wahrscheinlichkeit zu hoch, dass die Gelege oder Küken nicht überleben werden. 

Nur noch etwa 150 Brutpaare in Rheinland-Pfalz

Die Eier werden dann in den Zoo nach Landau gebracht, wo die Eier in einem Brutapparat ausgebrütet werden. Nach drei Wochen werden die Pullis, so nennen Fachleute die flauschigen Küken, nach Tagen der Eingewöhnung in Auswilderungsvolieren in einem geschützten Bereich ausgewildert. Das ist in der Regel eine beweidete Naturschutzfläche, in deren Nähe es schon eine Kiebitzkolonie gibt. 

„Vor rund 30 Jahren war der Kiebitz noch ein typischer Vogel der Agrarlandschaft und weit verbreitet. Die einzelnen Kolonien umfassten teilweise 200 Tiere. Heute haben wir in ganz Rheinland-Pfalz nur noch insgesamt 150 Brutpaare mit Kolonien, also Kiebitzgruppen, die maximal 20 Brutpaare umfassen. Deshalb ist jeder Pulli zum Arterhalt wichtig“, so Eder. 

„Eine Aufgabe progressiver Zoos ist es, dann einzuschreiten, wenn zum Beispiel durch Eingriffe des Menschen Tierarten in ihrem natürlichen Lebensraum so dezimiert sind, dass ihr langfristiges Überleben in der Natur gefährdet ist. Dann können wir mit unseren Kompetenzen helfen, eine Art zu erhalten. Ich hoffe jedoch, dass der Kiebitz an vielen Stellen seines natürlichen Lebensumfelds eine Chance hat und auch in vielen Jahren noch in der Natur zu sehen sein wird“, so Landaus Zoodirektor Jens-Ove Heckel. 

17 Pullis stehen kurz davor, in die Natur entlassen zu werden

Kiebitz-Beauftragter der GNOR, Gerado Unger Lafourcade sagte: „Bislang haben wir in diesem Jahr 83 Eier in den Zoo gebracht und hoffen möglichst viele gesunde Küken auswildern zu können. Dies wäre ein enorm hoher Erfolg, denn der fehlende Bruterfolg seit vielen Jahren ist der Hauptgrund für die Gefährdung des Kiebitzes, der auch Vogel des Jahres 2024 ist. Der Kiebitz kann zwar nach dem Verlust seiner Eier oder seiner Küken mehrere Nachgelege anlegen, doch ohne Schutzmaßnahmen bringt am Ende der Saison nur etwa jedes dritte Paar ein Küken zur Flugfähigkeit. Das ist zu wenig für den Arterhalt: Es wird knapp ein flugfähiges Küken je Paar jährlich benötigt, damit die Population stabil bleibt. Gemeinsam mit anderen Schutzmaßnahmen, wie den Elektrozäunen und Nestschutzkörben, die insbesondere vor dem Fuchs schützen, hoffe ich, dass wir die Population zumindest stabilisieren können. Letztendlich muss sich aber in unserer Landnutzung etwas verändern. Der Grund, warum der Kiebitz vom Aussterben bedroht ist, ist menschengemacht. Wir brauchen genügend Habitate, in denen Kiebitze ganz in Ruhe brüten und ihre Küken aufziehen können: ohne Gefährdungen wie etwa die Bodenbearbeitung auf Ackerflächen während der Kükenzeit oder fehlendes Wasser in naturnäheren Habitaten. Denn der Bodenbrüter braucht Flachgewässer und Feuchtstellen und die darin lebenden Wirbellosen zur Nahrungssuche. Wir setzen auf mit Rindern beweidete Areale mit einer fuchsdichten Umzäunung, in denen es Flachwasserbereiche, Schlammflächen und verschiedene Nutzungszeitpunkte gibt. Hiervon profitieren dann sehr viele verschiedene Arten, auch Amphibien und andere Vogelarten.“

Da der Kiebitz unter strengem Artenschutz steht, werden sowohl die Eientnahme als auch die Auswilderung der flüggen Vögel von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd als oberer Naturschutzbehörde begleitet. SGD-Süd-Präsident Hannes Kopf sagte: „Hier zeigt sich, wie der Zoo Landau gemeinsam mit der GNOR konkrete Artenschutzmaßnahmen für eine wunderschöne und bedrohte heimische Tierart durchführt. Gerne unterstützen wir die Einrichtung der Aufzuchtstation mit einer finanziellen Förderung.“

Im Zoo wurde für die Aufzuchtstation ein bislang nicht mehr genutzter Raum umgebaut, mit einem Brutapparat ausgestattet und um Außenvolieren erweitert. Der Teil ist für Zoo-Besucherinnen und -Besucher nicht zugänglich. Denn auch hier sollen die Tiere möglichst nicht gestört werden, um sie wieder auswildern zu können. Der Zoo informiert aber über Filme und Schilder über den Vogel mit der lustigen Frisur, einer abstehenden, geschwungenen Feder am Hinterkopf, und macht auf seine Schutzbedürfnisse aufmerksam. 
 

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