„Der Ober-Olmer Wald blickt auf eine abwechslungsreiche Geschichte zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten die amerikanischen Streitkräfte hier ihre Militäranlagen. Stacheldraht, Wachtürme, Bunker, Raketenstellung und Munitionslager prägten das Erscheinungsbild des Waldes. Durch gemeinsame große Anstrengungen wurde die Militärzone nach dem Abzug der Truppen 1993 in ein Naturgebiet als Erholungsraum für die Stadt Mainz verwandelt. Diese Entwicklung können Besucherinnen und Besucher des Ober-Olmer Waldes ab heute im neuen Audioguide nachvollziehen“, sagte Umwelt- und Klimaschutzministerin Katrin Eder bei der Vorstellung des Audioguides am Waldnaturschutzzentrum Ober-Olmer Wald.
Die Idee für den Audioguide entstand in einem Gespräch zwischen Mills Kelly, einem Historiker der George Mason-University in Fairfax/Virginia, und Jan Hoffmann, dem Leiter des Waldnaturschutzzentrums im Ober-Olmer Wald. Die beiden lernten sich kennen, als Kelly während eines Aufenthalts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Sommer 2024 ehrenamtlich das Forstamt Rheinhessen unterstützte. Er pflegte Wanderwege, indem er sie mit einer Handschere von Brombeeren befreite. In seiner Heimat kümmert er sich um die Pflege eines Teilabschnitts des Appalachian Trail. Kelly und Hoffmann kam die Idee zur Aufarbeitung der US-Army-Zeit des Ober-Olmer Waldes.
Gemeinsam mit Dr. Andreas Frings von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verfolgte Kelly das Ziel, diese Geschichte nach wissenschaftlichen Standards digital für die Gesellschaft zugänglich aufzuarbeiten. Dr. Frings hat mit zwölf Geschichtsstudierenden aller Ausbildungsniveaus die Geschichte des Ober-Olmer Waldes seit den 1950er Jahren in mehreren Archiven recherchiert und mit Zeitzeuginnen und -zeugen gesprochen. In Zusammenarbeit mit den Forstleuten sind sechs Audiostücke entstanden, die einen thematischen Bogen von der Interaktion zwischen „Meenzern“ und GIs bis hin zu der Umwandlung von der Militärzone in ein Naturgebiet spannen. Auf einem Spaziergang durch den Ober-Olmer Wald (etwa neun Kilometer) können die Audiostücke an einem jeweils zugeteilten Standort gehört werden. Erreichbar ist der Audioguide mit dem Titel „Vom Nachkriegsgestrüpp über die Raketenstellung zum europäischen Naturschutzgebiet: Zeitgeschichte des Ober-Olmer Waldes“ über die App „Actionbound“.
Auf dem 380 Hektar großen Gebiet des Ober-Olmer Waldes, der vor dem Abzug der US-Truppen zu einem Drittel militärisches Sperrgebiet und damit nicht frei zugänglich war, sind unter anderem einzigartige Wiesenflächen entstanden, die vor allem für seltene Pflanzen und Amphibien ein Rückzugsgebiet sind. Ein Symbol dieses Übergangs ist der „Hügel der Freundschaft“, ein Land-Art-Objekt der Künstlerin Dörthe Bäumer. Seit dem Jahr 2017 gibt es das Naturschutzgebiet „Wiesen am Layenhof – Ober-Olmer Wald“. Es ist Heimat vieler, zum Teil streng geschützter Tier- und Pflanzenarten. Expertinnen und Experten haben festgestellt, dass dort über 500 Schmetterlingsarten vorkommen.
„Eine solche Artenvielfalt ist einmalig. Aus Beton wurde im Ober-Olmer Wald wieder Natur. Der neue Audioguide ergänzt das vielfältige Angebot des Waldnaturschutzzentrums, sodass Besucherinnen und Besucher im Ober-Olmer Wald die Natur genießen und gleichzeitig noch etwas über seine Geschichte lernen können“, so Katrin Eder.