Der Bundesrat hat heute mit großer Mehrheit der Länder einen gemeinsam von Rheinland-Pfalz und Niedersachsen eingebrachten Verordnungsentwurf angenommen, der ein Verbot von „Kleingruppenkäfigen“ ab 2023, in Ausnahmefällen ab 2025, vorsieht. Der Kompromissvorschlag wurde auf Beschluss der Agrarministerkonferenz und auf Grundlage eines Gutachtens des anerkannten Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Nutzungsdauer erarbeitet. Der Agrarausschuss des Bundesrates hatte den Vorschlag zuvor ohne Gegenstimme angenommen.
„Dies ist ein Erfolg für den Tierschutz und stärkt die Betriebe im Wettbewerb, die bereits in großer Mehrheit auf tiergerechte Eiererzeugung umgestellt haben. Es ist ein Sieg der Vernunft über die realitätsfernen Vorschläge der Bundesregierung“, erklärte die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken.
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Die Bundesregierung scheiterte im September 2011 im Bundesrat mit einem Verordnungsvorschlag, der absurd lange Übergangsfristen bis 2035 vorsah. Mit der heutigen Entscheidung des Bundesrates - der Länder wie Baden-Württemberg, Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern zugestimmt haben - könnte die tierquälerische Käfighaltung zwölf Jahre früher als von der Bundesregierung geplant enden. Dennoch geht die Bundesregierung auf Konfrontation gegen den Bundesrat: „Es ist ein Affront gegen die Beschlüsse der Bundesländer, dass die Bundesregierung jetzt androht, die Verordnung nicht verkünden zu wollen“, erklärte Höfken. „Wir fordern die Bundesregierung auf, die Interessen einer kleinen Gruppe nicht über die Beschlüsse der Länder zu stellen und ihrer Regierungsaufgabe sofort nachzukommen. Wenn die Bundesregierung den Beschluss jetzt nicht umsetzt, macht sie sich lächerlich und verspielt ihre Glaubwürdigkeit im Tier- und Verbraucherschutz völlig“, so Höfken weiter.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner will Verfassungsbedenken geltend machen und hatte die lange Übergangsfrist mit Vertrauensschutz und Planungssicherheit für neue Anlagen begründet. „Bei der Kürzung der Solarförderung hatte die Bundesregierung weit weniger Skrupel und gewährte der Solarwirtschaft nicht mal ein Minimum an Vertrauensschutz“, bemängelt Höfken. „Wir sind uns sicher, dass die Beschlüsse des Bundesrates verfassungskonform sind und die Abwägungen der Wirtschaft weit entgegenkommen.“ Im Vorfeld der Bundesratssitzung hat die Geflügellobby massiven Druck auf Bund und Länder ausgeübt, um eine Umsetzung der Empfehlung des Fachausschusses zu verhindern.
Die Einigung auf eine bundeseinheitliche Regelung ist dringend notwendig, um die gerichtlich gesetzte Frist bis Ende März 2012 einzuhalten. Andernfalls müssen die Bundesländer einen Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen zu Ende und Ausgestaltung der Käfighaltung festlegen. Die Folge wären Wettbewerbsverzerrungen, Unkontrollierbarkeit und damit Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher, die zunehmend auf gesunde Lebensmittel von artgerecht gehaltenen Tieren achten.
Zum Hintergrund: Die Bundesratsentscheidung entspricht dem langen Engagement für den Tierschutz - gerade in Rheinland-Pfalz. Bereits 1999 hat das Bundesverfassungsgericht die Käfighaltung als tierschutzwidrig bewertet und klare Anforderungen an die Hennenhaltung gestellt. Diese erfüllen die seit 2006 eingeführten Kleingruppenkäfige nicht ausreichend. Auf einen Normenkontrollantrag des Landes Rheinland-Pfalz ist es zurückzuführen, dass das Bundesverfassungsgericht 2010 die Bestimmungen zur Kleingruppenhaltung für verfas-sungswidrig erklärt und die Bundesregierung aufgefordert hat, bis 31. März 2012 eine verfassungsgemäße Regelung in Kraft zu setzen. Die von Landwirtschaftsministerin Aigner im September 2011 vorgelegte Änderungsverordnung mit Fristen bis 2035 war im Plenum des Bundesrates gescheitert.