Die Spinnenschildkröte, der Afrikanischer Waldelefant oder der Sumatra-Orang-Utan sind weltweit vom Aussterben bedrohte Arten. Doch auch vor unserer Haustür gibt es Arten, die in diese Kategorie fallen, darunter der Feldhamster. Er ist mittlerweile auf der internationalen Liste des Artenschutzes weltweit als „vom Aussterben bedroht“ aufgelistet (IUCN 2020) und deshalb auch in Rheinland-Pfalz streng geschützt. Die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) ist seit 2018 im Feldhamsterschutz tätig, um die dramatische Situation für den charakteristischen Nager zu verbessern.
„Biodiversität ist ein Schatz der Natur, den wir bewahren müssen. Oftmals wissen wir noch gar nicht, wie wertvoll dieser Schatz ist – oder vielleicht in Zukunft einmal sein wird. Denn nur durch die Vielfalt der Arten und die genetische Vielfalt innerhalb einer Art ist Anpassung möglich. Somit ist der Artenschutz die Voraussetzung für die Resilienz von Ökosystemen. Der Feldhamster kommt in ganz Rheinland-Pfalz nur noch in Rheinhessen und vereinzelt an der Nahe vor. Mit dem von der Aktion Grün geförderten Projekt «Rettungspaket Feldhamster» wollen wir den knuffigen Rheinhessen schützen. Kommt dieser in ausreichender Zahl vor, leistet er auch einen wichtigen Beitrag für unsere Böden, da er durch seine Grabungen bis in einer Tiefe von zwei Metern die Erde lockert“, so Umweltministerin Katrin Eder. „Außerdem tragen die Schutzmaßnahmen für den Feldhamster ebenfalls zum Schutz anderer Arten der Ackerflur wie Feldhase, Rebhuhn und Insekten bei. Beispielsweise profitieren auch sie von dem Anbau deckungsreicher Kulturen sowie späteren Erntezeitpunkten.
Die SNU sucht im Zuge des Projekts jährlich nach den Bauen auf ausgewählten landwirtschaftlichen Flächen in Rheinland-Pfalz. Die Frühjahrskartierung ermöglicht dabei Schätzungen zur Anzahl der vorhandenen Feldhamster auf den Flächen, da im Frühjahr in der Regel ein Bau einem Tier entspricht.
Mit fast 40 Helferinnen und Helfern sowie einem beauftragten Planungsbüro wurden im April und Mai 2024 insgesamt 516 Hektar Fläche in Rheinhessen und an der Nahe kartiert. Somit konnten alle aktuell bekannten Vorkommen im Mainzer Stadtgebiet, in Bretzenheim an der Nahe, Wörrstadt, auf dem Ackerplateau zwischen Ilbesheim und Flomborn sowie auf dem Ober-Hilbersheimer-Plateau weitestgehend erfasst werden. Die Ergebnisse der diesjährigen Frühjahrskartierung zeigen ein durchwachsenes Bild.
Im Süden von Mainz kann die Baudichte mit durchschnittlich über einem Bau pro Hektar kartierte Fläche entsprechend des Bewertungsschemas des Bundesamts für Naturschutz als „gut“ eingestuft werden. Jedoch ist die Gesamtzahl der Baue (unter 300) und damit die Anzahl der Tiere zu gering, um eine langfristig stabile Population bilden zu können. Die gute Baudichte in dem kleinen Gebiet konnte insbesondere durch die noch kleinteilige und feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung gehalten bzw. aufgebaut werden. Dies gelang in Zusammenarbeit mit engagierten Landwirten und Landwirtinnen und mit finanzieller Unterstützung unter anderem durch Fördermittel der Aktion Grün des Landes Rheinland-Pfalz.
„Wir haben mittlerweile unsere Einstellung zum Feldhamster grundlegend geändert – früher war er wegen der hohen Bestandszahlen ein Problem, heute tun wir sehr viel, um ihm auf unseren Flächen ein Überleben zu ermöglichen“, so Stefan Franz, 1. Vorsitzender beim Bauern- und Winzerverein Mainz-Ebersheim und langjähriger Kooperationspartner im Feldhamsterschutz. So profitieren Feldhamster beispielsweise von mehrjährigen Blüh- und Luzerneflächen sowie von hohen Getreidestoppeln und Streifen mit Getreide, die bei der Ernte stehen bleiben. Diese Maßnahmen bieten den Tieren Sichtschutz vor Prädatoren und ein reiches Nahrungsangebot. Im Mainzer Süden werden – gegen die Entschädigung des Mehraufwands – besonders viele Maßnahmen in Kooperation mit örtlichen Landwirtschaftsbetrieben aktiv zum Schutz der Feldhamster angelegt.
In den Verbreitungsgebieten außerhalb des Mainzer Stadtgebietes wurden hingegen nur noch einzelne bis keine Baue gefunden. Besonders Flächen, für die im Frühjahr kein Nachweis gelang, sollen im Sommer nach der Ernte erneut überprüft werden. Durch den Wechsel von Tieren zwischen Flächen und auch die unterschiedlichen Zeiten, zu denen Tiere ihren Bau nach dem Winterschlaf verlassen, kann die Kartierung nach der Ernte noch die Chance bieten, 2024 weitere Nachweise in den anderen Vorkommen in Rheinhessen und an der Nahe zu erbringen.
Gründe für den Rückgang der Feldhamsterpopulationen weltweit sind ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren: veränderte landwirtschaftliche Praktiken, Klimawandel, Zerschneidung und Versiegelung von Lebensräumen. Die immer kleiner werdenden Populationen sind oftmals isoliert und leiden zunehmend unter Inzucht. Dieser Prozess wird auch als Aussterbestrudel bezeichnet.
Das von der Aktion Grün geförderte Projekt «Rettungspaket Feldhamster» wirkt diesem Abwärtstrend nicht nur durch die Aufwertung des Feldhamsterlebensraum in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben entgegen, sondern auf vielfältigen Ebenen. Um die rheinland-pfälzischen Feldhamstervorkommen gegen das Fortschreiten der Inzucht zu bewahren, wird eine Kooperation mit einer Erhaltungszucht aufgebaut, um die genetische Vielfalt langfristig zu sichern und die Möglichkeit zukünftiger Bestandsstützungen und Wiederansiedlungen zu bewahren. Das Vorgehen wird in einem breiten Konsens mit den beteiligten Behörden und Akteuren abgestimmt. Dazu gehört auch ein fachlicher Austausch mit Experten und Expertinnen aus anderen Bundesländern und darüber hinaus. Ebenso wichtig im Projekt ist die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung direkt vor Ort, um den Feldhamster vor der Haustür erlebbar zu machen und Wege zu seinem Schutz aufzuzeigen. Wer sich im Feldhamsterschutz engagieren will, kann sich zu einem Feldhamster-botschafter oder -botschafterin durch die SNU ausbilden lassen.
Weitere Informationen zum Aktion Grün Projekt und vorhergehenden Projekten finden Sie auf der SNU-Homepage:
https://snu.rlp.de/de/projekte/feldhamster
Bei Interesse am aktiven Feldhamsterschutz können die Projektkoordinatorinnen unter feldhamster(at)snu.rlp.de kontaktiert werden.
(Pressemitteilung der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz)