Das Arzneimittelgesetz von Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner ist nun endgültig zum wirkungslosen Placebo geworden“, erklärt die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken zum gestern im Bundestag beschlossenen Änderungsantrag der CDU/CSU und der FDP. Das eigentliche Ziel des Gesetzes, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zu verringern, werde klar verfehlt und durch die Koalitionsänderungen eindeutig torpediert. „Was nun bleibt ist ein hoher bürokratischer Aufwand, wobei den zuständigen Behörden am Ende jede Möglichkeit genommen wird, tatsächlich den Antibiotikamissbrauch zu stoppen“, so Höfken. Die Ministerin kündigte an, sie werde am Montag im Agrarausschuss des Bundesrates beantragen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Regierungskoalition ein Gesetz beschließt, dass die Forderungen der Länder im Wesentlichen ignoriert“, erklärt Höfken und fordert deutliche Nachbesserungen. Mehr als 50 Änderungsanträge hatten Rheinland-Pfalz und andere Bundesländer eingereicht, die zum großen Teil nicht berücksichtig wurden.
Die zentrale Forderung, dass die Antibiotika-Datenbank bundesweit einheitlich geregelt wird, sei genauso wenig umgesetzt wie die Verankerung verbindlicher Reduktionsziele. Nach dem Willen der Regierungsfraktionen können Tierhalter und Tierarzt nun festlegen, dass aufgrund der Haltungsbedingungen nicht auf die Anwendung von Antibiotika verzichtet werden kann. „Das ist also nichts anderes als die Beibehaltung des Status quo. Die Absicht der Gesetzesnovelle wird damit schlicht ad absurdum geführt“, macht Höfken deutlich. Noch übler komme es bei den besonders kritischen 25 Prozent der Betriebe mit sehr hohem Antibiotikaeinsatz. Nach dem Entwurf von Bund und Ländern sollten diese Betriebe einen Antibiotikareduktionsplan vorlegen müssen, der dann von den zuständigen Behörden ergänzt oder geändert werden kann. Nach den Vorstellungen von CDU und FDP soll den Behörden jetzt aber jedes Mittel genommen werden, um zeitnah und wirksam handeln zu können. Diese sollen zukünftig ein weiteres Jahr tatenlos zusehen müssen, bevor sie selbst einfachste Reduktionsmaßnahmen wie Impfungen oder die Einhaltung der Antibiotikaleitlinien anordnen können. „Das ist praktizierter Schutz für Antibiotikamissbrauch und eine Verschlechterung der bisherigen Rechtslage“, kritisiert Höfken.
Ministerin Höfken wies auf die gigantische Antibiotika-Abgabemenge in der deutschen Tierhaltung von mehr als 1700 Tonnen pro Jahr hin. „Der Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung muss endlich verbindlich reduziert werden. Gleichzeitig müssen die Haltungsbedingungen von Nutztieren so verbessert werden, dass weniger Medikamente nötig sind“, forderte die Ministerin. Denn die aktuelle industrielle Tierhaltung sei ohne massiven Medikamenteneinsatz nicht möglich. „Antibiotika sind die Schmiermittel der Massentierhaltung“, so Höfken. Und angesichts schätzungsweise 15.000 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland an Infektionen mit resistenten Bakterien sterben, ist die Wirkungslosigkeit des Aigner-Gesetzes doppelt tragisch“, fügt die Ministerin hinzu.