Zwei neue Erschütterungsmessungen des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht vom Mai und Juni 2011 in Wohnhäusern in Osterspai und Boppard zeigen, dass im Mittelrheintal nicht nur die Belastung der Bevölkerung durch Lärm, sondern auch die Belastung durch Erschütterungen deutlich zu hoch ist: Die in den beiden Wohngebäuden festgestellten Beurteilungs-Schwingstärken von 0,11 und 0,23 überschritten den bei oberirdischen Schienenstrecken zulässigen Anhaltswert von 0,07 bis zum dreifachen.
Während der Vorbeifahrt fast aller Güterzüge schwankte die Erschütterungsintensität laut Messergebnissen stark. Solche starken Schwankungen der Intensität zeigen bei Anlagen und Maschinen üblicherweise schlechte Wartungszustände oder Defekte an. Bei einer Messung traten extreme Schwingungen auf, die nach Ansicht des Landesamtes auf einen Defekt an einem der Waggons hindeuten. Eine genaue Ursachenforschung kann aber nur die Bahn selbst durch direkte Messungen am Gleiskörper betreiben, die den Ländern nicht möglich sind.
Umweltministerin Ulrike Höfken: „Ich appelliere an die Bahn und den Bund, das „10-Punkte-Programm leises Rheintal“ endlich ernst zu nehmen. Wir brauchen dringend ein Lärmmonitoring des Bundes an hoch belasteten Güterverkehrsstrecken, schon um defekte oder schlecht gewartete Waggons rechtzeitig zu entdecken.“ In der Schweiz wird auf gesetzlicher Basis bereits seit 2003 die Umrüstung auf lärmarme Verbundstoffbremssohlen durch ein Netz von Lärmmessstationen überwacht, ähnlich in Österreich und den Niederlanden. Infrastrukturminister Roger Lewentz betont: “Die in Deutschland erst für Ende 2012 angekündigte Einführung lärmabhängiger Trassenpreise ist längst überfällig.“ Lewentz ist zudem überzeugt, dass längerfristig eine Güterzugstrecke abseits des Mittelrheintals notwendig ist, um bei dem zu erwartenden Zuwachs an Güterverkehr eine nachhaltige Entlastung des Tals zu erreichen.
Durch den abrupten Pegelanstieg der schnellen Güterzüge ist deren Lärm auch weitaus schlafstörender als Fluglärm und Straßenverkehr, wie zuletzt eine Studie der Deutschen Luft- und Raumfahrtgesellschaft zeigt. „Der „Schienenbonus“, der der Bahn erlaubt, fünf Dezibel mehr Lärm zu verursachen als andere Verkehrsträger, muss für die Nacht sofort gestrichen werden“, fordert die Ministerin deshalb weiter mit Blick auf den im Bundesrat bereits am 15.März 2011 einmütig gefassten Beschluss.
Die Ergebnisse der Erschütterungsmessungen stehen auf der Homepage des Landesamtes für Umwelt, Wasser und Gewerbeaufsicht <link http: www.luwg.rlp.de aufgaben erschuetterungen messungen-bahnverkehr-mittelrheintal _blank external-link-new-window wird in einem neuen browserfenster>hier zum Download. Das „10-Punkte Programm Leises Rheintal“ der Verkehrs- und Umweltminister von Rheinland-Pfalz und Hessen vom 25. Februar 2010 ist <link internal-link wird im gleichen browserfenster>hier abrufbar.<link http: www.mulewf.rlp.de lärm external-link-new-window wird in einem neuen browserfenster>
Hintergrund:
Als Erschütterungen werden im Immissionsschutz Schwingungen von festen Körpern in einem Frequenzbereich von 1 Hertz - 80 Hertz verstanden. Die Bewertung der belästigenden Wirkung wird nach ähnlichen Verfahren wie beim Luftschall vorgenommen. Ergebnis ist die Schwingstärke. Wichtigstes nationales Regelwerk zur Messung und Beurteilung von Erschütterungen im Immissionsschutz ist die DIN 4150. Die DIN 4150 gibt für den oberirdischen Schienenverkehr einen Anhaltswert für die Schwingstärke von 0,07 vor, der nicht überschritten werden sollte.
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Erschütterungs­messungen im Rheintal